Seit mittlerweile einer Woche erstreckt sich ein kräftiges und nahezu ortsfestes Hochdruckgebiet von Westeuropa über Skandinavien hinweg bis in den Nordosten Europas. Aufgrund der Ausdehnung und Beständigkeit dieses Hochs kommen die vom Atlantik heranziehenden Tiefdruckgebiete nicht dagegen an. Um ihre Zugbahn nach Osten weiter fortsetzen zu können, müssen sie deshalb entweder in einem weiten Bogen nördlich an dem Hoch vorbei über das Nordpolarmeer ziehen oder sie schlagen eine südliche Zugbahn über die Iberische Halbinsel Richtung Mittelmeer ein, um dann auf diesem "Umweg" über Südosteuropa wieder Richtung Norden zu kommen.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Tiefdrucktätigkeit in den Herbstmonaten im Mittelmeerraum zunimmt. Wäre das nicht der Fall, bliebe es in den Mittelmeerländern extrem trocken. Oft sind diese Entwicklungen aber mit teils extremen Starkniederschlägen verbunden, insbesondere in den küstennahen Gebieten Spaniens, Südfrankreichs, in Norditalien und den angrenzenden Alpenregionen sowie rund um die Adria. Dabei sind Tagessummen zwischen 200 und 300 Liter pro Quadratmeter keine Seltenheit. Die Auswirkungen der teils extremen Niederschläge sind dann oft Überflutungen und Erdrutsche, die immer wieder zu verheerenden Schäden, Verletzten und mitunter Toten führen.
Die genaue Entstehung und Ursache der in Verbindung mit Mittelmeertiefs auftretenden Starkniederschlagsereignisse ist noch nicht vollständig erforscht. Tatsache ist aber, dass die Tiefdruckgebiete auf ihrer Zugbahn über das zu dieser Jahreszeit immer noch sehr warme Mittelmeer reichlich Feuchtigkeit aufnehmen, die dann in Form von enormen Regenmengen wieder zu Boden fällt. Kommen dann noch eine langsame Verlagerung der Tiefs und Staueffekte an Gebirgen, wie beispielsweise den Alpen hinzu, so sind die Auswirkungen entsprechend stärker.
Aktuell erstreckt sich ein Tiefdruckgebiet von Mittel- und Süditalien bis nach Griechenland, sodass es vor allem rund um die Adria zu Niederschlägen kommt. Höhere Regenmengen sind zwar bislang in Verbindung mit diesem Tief nur lokal aufgetreten, dafür gab es in den letzten Tagen mehrere Tornadobeobachtungen. Das Tief wird sich aber in den nächsten Tagen unter Intensivierung weiter nordostwärts verlagern und dann voraussichtlich vor allem über Rumänien, Moldawien und der südlichen Ukraine für anhaltend kräftigen Regen sorgen.
Interessant könnte aber noch eine weitere Tiefdruckentwicklung über dem westlichen Mittelmeer in den nächsten Tagen werden. Auf Basis der aktuellen Vorhersagen schwächt sich der Hochdruckeinfluss zumindest über Westeuropa ab. Stattdessen verlagert sich bis Freitag ein Tief vom Ostatlantik über die Iberische Halbinsel hinweg Richtung Südfrankreich, wobei sich ein weiteres kleinräumiges Randtief über dem Löwengolf entwickelt und zum Golf von Genua zieht. Dabei können am Mittwoch in Spanien örtlich Regenmengen zwischen 50 und 100 Liter pro Quadratmeter fallen. Noch höhere Niederschlagssummen werden am Donnerstag und Freitag insbesondere über Südfrankreich, Nord- und Mittelitalien erwartet. Innerhalb von 48 Stunden sind regional bis zu 150 Liter pro Quadratmeter möglich. Punktuell können nach jetzigem Stand in Südfrankreich und Norditalien sogar Regenmengen zwischen 100 und 200 Liter pro Quadratmeter innerhalb von nur einem Tag fallen, sodass aufsummiert bis zu 300 Liter pro Quadratmeter nicht ausgeschlossen sind.
Wer also die Herbstferien am Mittelmeer verbringen möchte, der sollte in dieser Woche eher Richtung östliches Mittelmeer reisen, wo sich das Wetter weit weniger turbulent zeigt. Zwar ist auch an der türkischen Mittelmeerküste vereinzelt Regen möglich, dort werden aber bei weitem nicht so hohe Regenmengen erwartet. Größtenteils bleibt es sogar trocken.
Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.10.2016
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