Ein Gewitter ist ein sehr beeindruckendes Phänomen. Nicht nur Begleiterscheinungen wie Hagel, Sturmböen oder heftiger Starkregen sind häufig zu erwarten, sondern auch Blitzentladungen, die von Gewitter zu Gewitter hinsichtlich ihrer Anzahl stark variieren können. Besonders auf die Blitze wurde im Thema des Tages vom 31.05.2016 bereits näher eingegangen. Heute soll der Fokus auf den Donner gerichtet werden.
Es verwundert nicht, dass seit eh und je der Donner ein Wetterphänomen darstellt, das die Menschen beeindruckt und unzählige Naturwissenschaftler dazu gebracht hat, die Entstehungsprozesse zu erforschen.
Bereits Lukrez, römischer Dichter und Philosoph im ersten Jahrhundert vor Christi, spekulierte, dass Donner durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Wolken entstehen würde. Descartes, französischer Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker im Jahre 1637 nahm an, dass ein Donner durch die Schwingung der Luft zwischen zwei Wolken hervorgerufen wird, wenn eine höher gelegene Wolke auf eine niedriger gelegene absinken würde. Dabei fällt auf, dass sehr häufig der Donner in Verbindung mit Wolken und nicht mit dem Blitz gebracht wurde. Erst später rückte der Blitz in den eigentlichen Fokus, wie zum Beispiel durch Benjamin Franklin im Jahre 1749, der im Labor bei selbst produzierten elektrischen Entladungen ein kurzes und lautes Geräusch wahrnahm. Dies übertrug er auf die Natur und verknüpfte nun das Auftreten eines Blitzes mit dem eines Donners.
In der heutigen Zeit wissen wir, dass ein Donner entsteht, wenn sich der Blitzkanal innerhalb einer äußerst kurzen Zeit sehr stark aufheizt. Wir sprechen dabei von Temperaturen von teils mehr als 50 000 Grad innerhalb des Blitzkanals. Dies geschieht in Bruchteilen einer Sekunde, wodurch die Luft kaum Zeit hat, sich aufgrund der schlagartigen Erwärmung auszudehnen. Das Resultat ist, dass im Blitzkanal während einer extrem kurzen Zeit ein sehr hoher Druck verglichen zur Umgebung herrscht. Dieser extrem hohe Druck breitet sich nun rasch in alle Richtungen aus - zunächst als eine sogenannte "Schockwelle" mit einer höheren Geschwindigkeit als die des Schalls, wobei die Schallgeschwindigkeit in trockener Luft bei 343 m/s oder rund 1235 km/h liegt und erst nach einer gewissen Zeit als gewöhnliche akustische Welle. Zusammengefasst bedeutet das nichts anderes, als dass der Donner aus der Erhitzung des Blitzkanals und der daraus resultierenden explosionsartigen Ausdehnung der Luft entsteht.
Dass mithilfe des Donners die Entfernung zum eigentlichen Gewitter abgeschätzt werden kann, wurde im Thema des Tages vom 31. Mai bereits erklärt. Viel mehr interessiert nun noch die Frage, wieso Donnergeräusche so unterschiedlich klingen. Dabei wird das Donnergeräusch in zwei Kategorien eingeteilt: Wie laut war der Donner und in welcher Tonhöhe erklang er? Betrachten wir nur einmal die Lautstärke und nehmen an, dass der Blitzkanal rechtwinklig zum Beobachter verläuft. Dies führt dazu, dass vom gesamten Kanal die Schallwellen den Beobachter im Großen und Ganzen gleichzeitig erreichen (siehe beigefügte Grafik). Das Resultat wäre in diesem Fall ein sehr lauter Donner. Ist der Blitzkanal zum Beobachter geneigt, dann entsteht das häufig vernommene "Rollen" und "Rumpeln", da der Schall von verschiedenen Bereichen des Blitzkanals und somit auch zu unterschiedlichen Zeiten den Beobachter erreicht. Natürlich kann die Orografie diesen Effekt deutlich verstärken, wie zum Beispiel in einem Tal, wo die Schallwellen aufgrund komplexer Orografie mehrfach reflektiert werden. Nachts klingt ein Donner, dank der fehlenden Umgebungsgeräusche des Tages, auch oftmals lauter. Donner ist ab einer gewissen Entfernung zum Gewitter nicht mehr zu hören, was daran liegt, dass durch variable Temperatur- und Feuchteverteilung in der Atmosphäre die Schallwellen sich zunehmend nach oben und somit von der Erdoberfläche wegbewegen. Wir nehmen das Gewitter dann nur noch durch "Wetterleuchten" wahr. Der Blitz ist noch zu sehen, der Donner jedoch nicht mehr bzw. noch nicht zu hören.
Andersherum ist bei einem nahen Blitzeinschlag die vorhin erwähnte Schockwelle zu vernehmen, was sich in einem lauten, teils knisternden Knall äußert. Dank der Nähe zum Blitzkanal erreichen die Schock- und Schallwellen ausgehend vom oberen Bereich des Blitzkanals den Beobachter am Boden nicht mehr, sodass kein typisches Rumpeln vernommen wird.
Die Art des Donners, seine Dauer, Lautstärke und Tonhöhe können dem Beobachter Aufschluss über die Art des Blitzkanals, dessen Länge, die Ausrichtung zum Beobachter sowie über die Entfernung geben. Versuchen Sie doch beim nächsten Gewitter die Unterschiede des Donners herauszuhören und entsprechend zu interpretieren.
In den kommenden Tagen wird dies jedoch voraussichtlich nur direkt am Alpenrand möglich sein, denn nur dort können sich einzelne Gewitter entwickeln. Im übrigen Deutschland dauert das sommerlich warme und gewitterfreie Wetter weiter an.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.09.2016
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