An diesem Sonntag wird in Rheinland-Pfalz, in Sachsen-Anhalt und in Baden-Württemberg gewählt. Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden über die Zusammensetzung insgesamt dreier Landtage - ein echter "Super-Wahlsonntag". Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass das Wetter einen Einfluss auf den Wahlverlauf, zumindest auf die Wahlbeteiligung haben kann. So soll beispielsweise die geringste Wahlbeteiligung seit dem 2. Weltkrieg bei der "Vereinigungsbundestagswahl" 1990 laut Aussage vieler Politiker im nasskalten Winterwetter am Wahltag begründet gewesen sein. Ist das eine nicht gerade sehr einfallsreiche Ausrede oder ist da tatsächlich etwas dran?
Es gibt bereits einige Studien über den "Faktor Wetter" bei Wahlen, in denen behauptet wird, es bestünde ein Zusammenhang zwischen Wetter und Wahlausgang. Allerdings sind die Aussagen der einzelnen Arbeiten widersprüchlich. Dazu ein kleines Gedankenexperiment. Stellen Sie sich vor, es herrscht am Wahltag freundliches und trockenes Wetter vor. Hält Sie das vom Urnengang eher ab, weil Sie Ihre Freizeit lieber anders gestalten wollen? Oder kombinieren Sie einen Spaziergang mit einem Besuch im Wahllokal eben gerade wegen des angenehmen Wetters? Sie sehen, der Einfluss von freundlichem (und auch eher ungemütlichem) Wetter auf die Wahlbeteiligung lässt sich nicht pauschal bestimmen. Selbst wenn man also annimmt, dass sich das Wetter auf die Wahlbeteiligung auswirkt, einen eindeutigen Zusammenhang scheint es nicht zu geben.
Aber geben die Wetterumstände der persönlichen Entscheidung, ob eine Wahlbeteiligung in Frage kommt oder nicht, überhaupt einen Impuls? Im Grunde wägt jeder Wahlberechtigte "Kosten und Nutzen" einer Wahlbeteiligung ab, sei es auch nur unbewusst. Einer Befragung von mehr als 1000 Wahlberechtigten vor einer Landtagswahl (Kühnel u. Fuchs, 1998) nach zu urteilen, spielen Opportunitäts- und Entscheidungskosten (also aufgrund der Wahlbeteiligung eingetretene Nachteile) und damit auch das Wetter für eine überwältigende Mehrheit der potenziellen Wähler keinerlei Rolle. Dabei gilt aber, je unentschlossener der Wahlberechtigte ist, desto mehr gewichtet er diese Kosten noch, wie eben auch das vorherrschende Wetter. Im Gegensatz dazu soll eine Analyse des Hamburger Instituts für Wetter- und Klimakommunikation (IWK) belegen, dass "schönes Wetter" die Lust am Wählen dämpft. Ein Temperaturplus von einem Grad lasse die Wahlbeteiligung um 0,2 % sinken. Die einzige Quintessenz, die sich aus den Studien wirklich zuverlässig ziehen lässt, ist, dass die Beeinflussung der Wahlbeteiligung durch das Wetter im Vergleich zu anderen wahlspezifischen Faktoren (Zufriedenheit, Politikverdrossenheit, Bedeutung der eigenen Stimme, Beteiligung im sozialen Umfeld ...) eher gering einzuschätzen ist.
Die Wetterbedingungen am Wahlsonntag mögen natürlich trotzdem für viele von Interesse sein, zumindest mal im Hinblick auf die Frage, was man denn auf dem Weg zum Wahllokal anzieht (siehe Grafik auf http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/3/11.html). Niederschläge bleiben in allen drei Wahlländern die Ausnahme, es bleibt weitestgehend trocken. Während der Wahltag vor allem in Rheinland-Pfalz zudem überwiegend heiter über die Bühne geht (sofern sich die Frühnebelfelder auflösen), zeigen sich besonders in Teilen Sachsen-Anhalts und Baden-Württemberg zeitweise dichtere Wolkenfelder, mitunter bleibt es hochnebelartig bedeckt. Nach sehr frischem, teils leicht frostigem Start in den Tag, werden zum Nachmittag Höchsttemperaturen zwischen 5 Grad dort, wo die Wolkendecke dicht bleibt, und 11 Grad entlang von Rhein und Mosel erreicht. Am Wetter sollte es also diesmal nicht liegen...
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.03.2016
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