Großwetterlagen und typen und die Verbindung zum Wetter mit Blick

auf das letzte Jahr!

Jeder kennt ihn, viele erwarten ihn: den Jahresrückblich des Wetters! Im Regelfall behandelt er die drei meteorologischen Parameter Temperatur, Niederschlag und Sonnenscheindauer. Ob regional aufgeschlüsselt oder doch deutschlandweit gültig werden besondere Ereignisse sowie Mittelwerte und deren Abweichungen detailliert präsentiert. Doch welche Großwetterlagen liegen den vergangenen Wetterabschnitten zugrunde?

Die Großwetterlage bestimmt den wesentlichen Charakter eines Witterungsabschnittes und ist daher nachhaltig für die auftretenden Wetterphänomene verantwortlich. Die Zugbahnen kleinräumiger Druckgebilde verlaufen während einer Großwetterlage ähnlich. Definiert wird eine Großwetterlage dabei als eine mittlere Luftdruckverteilung in Meereshöhe sowie der mittleren Troposphäre in einem großen Gebiet (z.B. Europa plus Teile des Nordatlantiks) und über eine Dauer von mehreren Tagen.

Mit der Klassifikation von Großwetterlagen wird versucht ein gewisses Maß an Systematik bzw. Nachvollziehbarkeit in der Beschreibung des großräumigen atmosphärischen Zustands zu schaffen. Schon vor mehr als 100 Jahren begann man hierzu die mittlere Luftdruckverteilung in Meereshöhe, später zusätzlich die mittleren atmosphärischen Verhältnisse in der Troposphäre bis etwa 5 Kilometer Höhe, heranzuziehen. Anhand dieser werden wiederkehrende atmosphärische Strömungsmuster, zum Beispiel über Europa, zu Großwetterlagen zusammengefasst. Heute gibt es verschiedene Methoden zur Großwetterlagen-Klassifikation. Die oben gebrachten Beispiele beziehen sich auf die sehr verbreitete Großwetterlagen-Klassifikation nach "Hess und Brezowsky", welche von 29 Grundmustern der Luftdruckverteilung und einer Übergangswetterlage ausgeht und beim Deutschen Wetterdienst als subjektive, also vom Meteorologen vorgenommene Einteilung erfolgt. Das Gegenstück zur subjektiven Einteilung durch Meteorologen ist die objektive Großwetterlagen-Erkennung. Hierbei wird ein Computer Algorithmus eingesetzt, der eine voll automatisierte Klassifikation ermöglicht. Der Deutsche Wetterdienst nutzt seine operationellen numerischen Wetteranalyse- und Vorhersagesysteme, um die Wetterlage über Mitteleuropa täglich automatisch in eine von 40 möglichen Klassen einzuteilen. Grundsätzlich können den einmal täglich bestimmten Wetterlagen klimatologische Kenngrößen zugeordnet werden. Eine mittlere Niederschlagshöhe im Sommer ist für diejenige Wetterlagenklasse zu sehen, die durch zyklonale Bedingungen am Boden und in der Höhe sowie durch eine südwestliche Strömung in 700 hPa und hohe Luftfeuchte gekennzeichnet ist (Kurzkennung: SWZZF). Die Niederschlagshöhe bei SWZZF ist gegenüber dem Mittel über alle Wetterlagen im Sommer relativ hoch, da zu dieser Jahreszeit bei dieser Wetterlage mit einer SW-Strömung feuchtwarme Meeresluft vom Atlantik nach Mitteleuropa transportiert und unter hochreichend zyklonalem Einfluss gehoben wird, so dass Wolkenbildung und Niederschlag einsetzen können.

Für großräumige statistische Untersuchungen sind die Häufigkeitsangaben mancher Großwetterlagen nicht repräsentativ, da der Umfang der einzelnen Kollektive auch bei der Betrachtung von 124 Jahren zu gering ausfällt. Es gibt Fälle, bei denen die Unterteilung in spezielle, mit Rücksicht auf die Witterungsverhältnisse eng definierte Großwetterlagen nicht benötigt wird, ja sogar störend sein kann, so z.B. bei großräumigen Zirkulationsuntersuchungen. In diesen Fällen kann man jeweils mehrere verwandte Großwetterlagen zu Großwettertypen zusammenfassen. Dabei werden schließlich nur noch zonale, meridionale sowie gemischte Zirkulationsformen mit einer antizyklonalen oder zyklonalen Einfluss unterschieden (siehe dazu entsprechende Einträge im Wetterlexikon auf der Homepage des DWD). Doch was zeigen diese nun für das vergangene Jahr?

Auffällig waren vor allem die Monate Februar, März und Juli sowie September und Oktober. In diesen Monaten dominierte vorwiegend ein Wetterlagentypus. Während im Juli an 77% der Tage zonale, also von West nach Ost bzw. Ost nach West gerichtete Zirkulationsmuster vorherrschten, konnte diesem Typus im Februar und September kein Tag und im März und Oktober lediglich drei Tage zugeordnet werden. Im Dezember sorgte sehr milde atlantische Meeresluft, die vorwiegend mit einer zonal orientierten Strömung nach Deutschland gelangte, zu dem wärmsten Dezember seit 1981. Auch im Juli und August des letzten Jahres wehten die Winde fast ausschließlich vom subtropischen Atlantik bzw. der Iberischen Halbinsel nach Deutschland und sorgten hierzulande für extreme Hitze samt neuem deutschen Temperaturrekord (40,3 Grad im unterfränkischen Kitzingen). Gehäuft meridionale Zirkulationsmuster wurden dagegen entsprechend in den Monaten Februar, September und Oktober beobachtet. In diesen Monaten traten die von Nord nach Süd bzw. Süd nach Nord gerichteten Strömungsmuster auf. Während im Februar die meridionalen sowie gemischten Wetterlagen vorwiegend die Luft aus südlicheren Gefilden nach Mitteleuropa transportierten, gelangte im September und Oktober die Luft häufig aus Norden oder Nordosten nach Deutschland. Entsprechend blieb die Temperatur unter dem Zustrom kühlerer Luft lediglich in diesen Monaten des gesamten Jahres 2015 unter ihrem vieljährigen Durchschnitt. Mit Blick auf das gesamte Jahr lag der zonale Anteil mit 28%, was 102 Tagen entsprach, etwas unter dem Anteil der meridionalen Wetterlagen, denen 143 Tage zugeordnet werden konnten.

Neben der Strömungsrichtung ist aus meteorologischer Sicht, wie oben beschrieben, auch die vorwiegende Krümmung der Zirkulationsmuster entscheidend. Während antizyklonale Krümmung meist eine Wetterberuhigung bedeutet, steht eine zyklonale Krümmung für Hebung, also aufsteigende Luft und entsprechenden Niederschlag. Da das Jahr 2015 allgemein sehr trocken ausgefallen ist, sollten überwiegend antizyklonale Wetterlagen dominiert haben. Größere Regenmengen wurden lediglich im Januar sowie zwischen September und November registriert. Diese Auffälligkeiten lassen sich auch sehr gut in den vorherrschenden Wetterlagen wiederfinden. Antizyklonal geprägt waren im Jahre 2015 nahezu alle Monate von März bis August, in denen zwischen 20 und 27 Tagen (65 bis 87%) diesem Typus zugeordnet werden können. Eine Ausnahme bildete lediglich der Mai, in dem die zyklonalen Wetterlagen leicht überwogen (58%). Auch im Dezember führten 22 Tage mit einem antizyklonalen Zirkulationsmuster zu sehr trockenen Verhältnissen. Zyklonal geprägt waren wie erwartet der Januar und der September. Im Januar lagen an 25 Tagen (81%) und im September an 21 Tagen (70%) zyklonale Grundmuster vor.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst

Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.03.2016

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