Zweistellige Höchstwerte wurden in den vergangenen Tagen in Deutschland nur selten gemessen. Auch an diesem Wochenende sowie zum Anfang der kommenden Woche bleiben Höchsttemperaturen über 10 Grad die Ausnahme. Eine Ausnahme von dieser Ausnahme könnte es am heutigen Samstag in Teilen Sachsens und Teilen Bayerns geben, wenn föhnunterstützt die Temperaturen doch diese Schwelle überschreiten. Insbesondere am östlichen Alpenrand sind örtlich sogar bis zu 15 Grad möglich, wenn dann noch die Sonne scheint, könnte sich das tatsächlich wie Frühling anfühlen. Dieser Vorgeschmack auf den Frühling ist allerdings nicht von langer Dauer, so soll es in diesen Regionen spätestens am Sonntag auch wieder regnen oder schneien und die Temperaturen erneut zurückgehen. Stellt sich also die Frage, wann der Frühling nach diesem ersten kleinen Hauch tatsächlich bei uns einzieht?
Gibt man auf diese Frage eine triviale Antwort, so begann der Frühling bereits am 1. März um 0 Uhr MEZ. Dann nämlich startete der meteorologische Frühling (siehe dazu auch das Thema des Tages von 29. Februar 2016 unter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/2/29.html). Im Gegensatz dazu geht der astronomische Frühling, womit wir bei einer weiteren trivialen Antwort wären, erst am 20. März um 5.30 Uhr MEZ los. Die unterschiedlichen Zeitpunkte für den Frühlingsbeginn beruhen auf einer Festlegung von Meteorologen, die vor Beginn des Computerzeitalters im 20. Jahrhundert getroffen wurde. Seitdem umfassen immer drei Monate eine Jahreszeit, wobei der erste Tag des ersten Monats den Jahreszeitenbeginn markiert und der Frühling aus den Monaten März, April und Mai besteht. Hintergrund für diese Festlegung war, dass sich ganze Monate einfacher statistisch auswerten ließen. Darüber hinaus stellte man aber auch fest, dass die meteorologischen Jahreszeiten die klimatische Situation der Jahreszeiten in den meisten Teilen Deutschlands besser widerspiegeln als die astronomischen Jahreszeiten.
Eine nicht ganz so einfache Antwort erhält man, wenn man den Frühlingsbeginn mit den phänologischen Jahreszeiten in Zusammenhang bringt. In der Phänologie werden die im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen betrachtet und in Phasen eingeteilt. Nach der phänologischen Uhr gibt es im Frühling drei Phasen: Vor-, Erst- und Vollfrühling. Ihren jeweiligen Beginn kann man durch sogenannte Leit- bzw. Ersatzphasen ermitteln. Als Leitphase für den Vorfrühling dient dabei der Blütenbeginn der Hasel, für den Erstfrühling der Blütenbeginn der Forsythie und für den Vollfrühling der Blütenbeginn der Apfelbäume. Für die jeweiligen Phasen konnte aus Beobachtungen in den letzten Jahren ein mittleres Eintrittsdatum gefunden werden. Demnach beginnt der Vorfrühling durchschnittlich am 13. Februar, der Erstfrühling am 26. März und der Vollfrühling am 27. April.
In diesem Jahr hat die Natur aufgrund des zu milden Winters wie im letzten Jahr einen Vorsprung, auch wenn das kühlere Wetter der vergangenen Tagen den Prozess nun deutlich verlangsamt hat. So liegt der Beginn der Haselblüte (bei einer aktuellen Meldequote von 84 %) etwa 19 Tage vor dem mittleren Eintrittsdatum, umgerechnet würde er also (bei voller Meldequote) am 25. Januar begonnen haben. Für den Beginn der Forsythienblüte gibt es derzeit ein Meldeaufkommen von erst 3 %, wobei die wenigen Daten einen Vorsprung von ca. 13 Tagen zum mittleren Eintrittsdatum zeigen und somit der Erstfrühling schon am 13. März beginnen würde. Dafür müsste aber auch das Wetter mitspielen, wonach es derzeit noch nicht aussieht (weitere Informationen und aktuelle Daten zum Thema Phänologie finden Sie unter www.dwd.de/phaenologie).
Eine weitere Antwort auf die eingangs gestellte Frage lässt sich aus statistischen Betrachtungen finden. Dazu definieren wir uns (recht willkürlich) einen "statistischen Frühlingsbeginn", wobei an drei aufeinanderfolgenden Tagen mindestens an zwei Tagen eine Höchsttemperatur von über 15 Grad erreicht werden soll und es dabei vorherrschend trocken und heiter ist. Schaut man sich die vergangenen 11 Jahre an, so begann der Frühling diesen Kriterien nach im Süden (repräsentiert durch München-Stadt) durchschnittlich am 15. März und im Norden (vertreten durch Hamburg) am 1. April.
So oder so, egal wie man die Frage nun beantwortet, steht in den nächsten Tagen weniger frühlingshaftes Wetter an. Die 15 Grad sind vorerst in weiter Ferne, meist wird es nasskalt und im Bergland auch winterlich. Etwas Hoffnung auf frühlingshafteres Wetter besteht dann für die Mitte des Monats (siehe dazu das Meteogramm für Frankfurt, zu finden unter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/3/5.html), wenn einige Wettermodelle die Temperaturen langsam ansteigen, die Niederschläge aufhören und den Sonnenschein zunehmen lassen.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.03.2016
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