Nachdem der meteorologische Winter deutschlandweit mit einer positiven Abweichung von 3,4 Grad am gestrigen Schalttag abgeschlossen hat und damit erneut deutlich zu mild ausgefallen ist, besteht anscheinend in der Atmosphäre noch Nachholbedarf dieses Defizit "verspätet" abzubauen. Dieser Aufgabe hat sich offensichtlich das Tief ZISSI verschrieben, das die Südosthälfte in den vergangenen Stunden mit reichlich Schnee samt Glätte "beehrt" hat. Doch wie genau kam es dazu? ZISSI entstand als Folge eines kräftigen Kaltluftausbruchs über der Labradorsee, der in abgeschwächter Form zur Iberischen Halbinsel gerichtet war. An der Grenze zu feucht-warmen Luftmassen im Bereich der Balearen (Wassertemperatur aktuell immerhin 15 Grad) bildete sich dann im Lee der Pyrenäen ein kräftiger Tiefdruckwirbel, dessen Zentrum im Raum Barcelona zu finden war. Dieser sorgte am Ostrand des Kantabrischen Gebirges an der Nordküste Spaniens für länger anhaltende, kräftige Regenfälle, die teilweise sogar von Blitz und Donner begleitet waren. Punktuell fielen dort binnen 48 Stunden bis Sonntagabend an die 150 Liter pro Quadratmeter. Das entspricht fast der doppelten Menge des sonst im klimatologischen Mittel üblichen Niederschlags im Februar. Mit stürmischen Nordwestwinden, die an der Südostküste Mallorcas von Spitzenböen von 104 km/h (Bft 11) begleitet waren, ließ ZISSI die Iberische Halbinsel auf seiner Rückseite zurück und verlagerte sich allmählich Richtung Korsika.
Dort angekommen beeinflusste ZISSI ab den frühen Morgenstunden des gestrigen Montags zunehmend auch Teile Deutschlands. Von Südosten setzten zunächst nur leichte Schnee-, gebietsweise auch Regenfälle ein, die sich im Tagesverlauf immer mehr intensivierten und später durchweg in Schnee übergingen. Begünstigt wurden die aufkommenden Niederschläge durch die Position des Tiefs, die inzwischen einer klassischen Vb (sprich 5b) Wetterlage (nähere Informationen hierzu im Thema des Tages vom 26.02.2016) entsprach. Dabei wird auf der Tiefvorderseite feucht-warme Mittelmeerluft über die Adria nordwärts geführt und diese gleitet dann auf die Kaltluft nördlich davon auf, kühlt dabei ab und es kommt zur Kondensation und Niederschlagsbildung. Im Grenzbereich beider Luftmassen kommt es im Regelfall über Österreich zur Bildung eines neuen Teiltiefs, das in der Folge nordostwärts Richtung Baltikum zieht. Dadurch dreht die Strömung über den östlichen Regionen Deutschlands auf Nord und es kommt zur Intensivierung der Niederschläge durch Staueffekte.
Übrigens, ein erwähnenswertes Detail stellte gerade diese Teiltiefbildung von ZISSI II im Berchtesgadener Land dar. Aufgrund der Zirkulation von Tiefdruckgebieten auf der Nordhalbkugel entgegen des Uhrzeigersinns, verblieb Niederbayern sehr lange bei schwachen Ostwinden auf der "warmen" Seite. Dabei profitierte diese Region von der Vorgeschichte der vergangenen Tage, wodurch trotz einsetzender Regenfälle und 0 Sonnenstunden eine Höchsttemperatur von 10,4 Grad (gestriger Höchstwert deutschlandweit) in Metten an der Donau registriert wurde.
Schlussendlich können sich auch die Neuschneemengen sehen lassen. So wurde am heutigen Dienstagmorgen von der Lausitz über die östlichen Mittelgebirge bis nach Schwaben verbreitet eine dünne Schneedecke um 5cm gemessen. Am ergiebigsten fielen die Schneefälle im Nordstau des Erzgebirges (10-20cm Neuschnee) und der Alpen (20-30cm) aus, wobei dort im Tagesverlauf noch wenige Zentimeter hinzukommen werden.
Wie geht es nun weiter? Der Hochdruckeinfluss bröckelt im Westen des Landes und von Benelux kommend steht bereits ein neuer atlantischer Tiefausläufer parat. Dieser bringt zunächst teils bis in tiefe Lagen Schnee, dann vorübergehend bis in die Hochlagen Regen, so dass es dem frisch gefallenen Schnee rasch wieder an den Kragen geht. Ab Mittwochabend jedoch erreicht uns von Nordwesten erneut ein Schwall maritimer Polarluft, wodurch die Niederschläge wieder mehrheitlich in Schnee übergehen. Auch für den Rest der Woche steht eher nasskaltes Wetter mit zahlreichen Regen-, Schnee- und Graupelschauern, lokal auch kurzen Gewittern auf dem Programm als frühlingshafte Temperaturen mitsamt Sonnenschein. In den Hochlagen der Mittelgebirge kommt man um das Wort "winterlich" erst recht nicht herum, so dass sich alle Freunde des Frühlings wohl vorerst noch gedulden müssen. Die Freunde des Wintersports dürfen sich allerdings freuen.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.03.2016
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