Am Wochenende und zu Beginn der neuen Woche erwartet uns eine spezielle Wetterlage. Ein Kaltluftausbruch, der über das westliche Mittelmeer bis nach Nordafrika vorstößt, sorgt für eine kräftige Tiefdruckentwicklung über dem Mittelmeer. Dieses Tief sorgt für eine Vb-artige Wetterlage. Doch was ist eine Vb-Wetterlage?
Ende des 19. Jahrhunderts begann man damit verschiedene Systematiken zu entwickeln, um Wetterlagen in Europa zu charakterisieren. Eines dieser Systematiken stammt von Wilhelm Jacob van Bebber. Er teilte die Wetterlagen nach der Zugbahn von Tiefdruckgebieten ein. Von dieser Charakterisierung ist heute nur noch die Bezeichnung der "Zugbahn Vb" (sprich: "fünf-b") gebräuchlich. Sie beschreibt die Zugbahn eines Tiefs vom Golf von Genua über Österreich nach Tschechien und Polen. Sie beginnt meist mit der Bildung eines Genuatiefes, das sich besonders gut entwickeln kann, wenn kalte Luftmassen über Westeuropa in den Golf von Genua und somit über das relativ warme Mittelmeer ausbrechen. Diese Tiefs ziehen dann des Öfteren mit der Höhenströmung auf der beschriebenen Zugbahn nach Nordosten.
Das Besondere an diesen Vb-Wetterlagen ist, dass sie mit größeren Niederschlagsmengen verbunden sind. Denn auf der Vorderseite des Vb-Tiefs wird warme und feuchte Mittelmeerluft angesaugt und um das Tief herum geführt. Diese Mittelmeerluft gleitet dann auf die kalte Polarluft auf der Tiefrückseite auf. An der Grenze dieser beiden Luftmassen kommt es oft zur Bildung stärkerer Niederschläge über der Südosthälfte Deutschlands, in Tschechien, Polen sowie Teilen Österreichs und Oberitaliens. Diese werden durch den Anstau an Gebirgen wie zum Beispiel dem Erzgebirge und den Alpen noch verstärkt.
Sommerliche Vb-Wetterlagen waren für viele große Hochwasserlagen, wie zum Beispiel das Jahrhunderthochwasser im August 2002 an der Elbe oder das Oderhochwasser im August 1997 verantwortlich. Solche verheerenden Auswirkungen haben aber nur wenige Vb-Wetterlagen. Besonders im Winter sind sie von den Niederschlagsmengen deutlich harmloser. Dies ist dadurch begründet, dass die im Winter kältere Luft deutlich weniger Wasserdampf aus dem Mittelmeer aufnehmen kann. Dennoch können solche Wetterlagen für größere Neuschneemengen in den Nordstaulagen der Mittelgebirge und der Alpen sorgen.
Zu Beginn der neuen Woche simulieren die Wettermodelle wieder eine zumindest Vb-artige-Wetterlage, die Neuschnee in der Südosthälfte bringen könnte. Wobei allerdings die Zugbahn in den meisten Modellen nicht ganz klassisch ist und das Tief schnell nach Osten abzieht. Wo zu Beginn der Woche wie viel Schnee fallen wird und wo genau die Grenze zum Regen liegt, hängt stark von der Zugbahn des Tiefs ab, die von den Modellen immer noch nicht ausreichend genau berechnet werden kann. Bei einer westlichen Zugbahn würde die warme Mittelmeerluft auf den Südosten übergreifen und der Niederschlag in den östlichen Mittelgebirgen als Regen fallen. Bei einer weit östlichen Zugbahn, würde es zwar überall kalt bleiben, aber die Niederschläge wären eher gering. Deshalb ist eine genauere Schneevorhersage zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr unsicher. Auch wenn die Lage noch einige Überraschungen bereithalten kann, ist trotzdem sicher, dass Südostdeutschland wohl nicht im Schnee versinken und es bei uns auch kein Hochwasser geben wird.
Anders sieht es jedoch in Oberitalien aus. Dort wird vom Genuatief feuchte Mittelmeerluft in die Po-Ebene gegen die Alpen gedrückt, wodurch es zu intensiven Niederschlägen kommt. Besonders betroffen sind das Piemont und Ligurien, wo bis Montagabend über 200 mm Niederschlag fallen können.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.02.2016
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