Nachdem gestern einige Kollegen im Wetterdienst ausgiebig ihren Unmut zum Thema Pollenallergie kundtaten, ist es mal wieder Zeit, sich dem Thema Phänologie zu widmen. Die Phänologie ist die Lehre vom Einfluss der Witterung und des Klimas auf die jahreszeitliche Entwicklung der Pflanzen. Der milde Winter sollte der Pflanzenwelt einen deutlichen Wuchsvorsprung gegenüber den Mittelwerten ermöglichen. Schauen wir uns also an, von welchen Pflanzen wir schon Blühmeldungen erhalten haben und wie groß deren Vorsprung gegenüber dem mittleren Blühbeginn derzeit ist. Dass die Hasel blüht, versteht sich von selbst. Deren Blühbeginn liegt deutschlandweit im Mittel am 03.02., also vor 10 Tagen. In diesem Winter hat sie "selbstverständlich" gebietsweise schon im Dezember geblüht. Die erste Blühmeldung stammt vom 05.12.2015. Dort, wo sie blüht, blüht sie etwa drei Wochen zu früh. Auch das Schneeglöckchen mit einem mittleren Blühbeginn am 10.02. ist seiner Zeit um gut eine Woche voraus. Da dessen Blühbeginn weniger als bei anderen Pflanzen von den Temperaturen abhängt, sind die Abweichungen bei den Frühblühern immer am geringsten. Die Erlenpollen sind natürlich auch schon aktiv, gegenüber dem mittleren Blühbeginn am 19.02. fliegen sie etwa drei Wochen zu früh. Das Grasland ist dort, wo es bereits ergrünte, um etwa einen Monat seiner Zeit voraus. Auch von Sal-Weide, Löwenzahn und Huflattich haben wir schon Blühmeldungen, doch sind sie noch sehr vereinzelt. Mal abgesehen von Hasel(05.12) und Sal-Weide(01.02.) erreichte uns die jeweils erste Blühmeldung im Zeitraum vom 15. bis 25. Dezember. Ein Blick in die Wetterstatistik kann dies leicht erklären. Pflanzenwachstum beginnt etwa bei einer Tagesmitteltemperatur von 5 Grad, die über ein paar Tage anhält. In München beispielsweise gab es vom 16. bis zum 25.12.2015 an 6 von 10 Tagen Mittelwerte über 5 Grad, vom 22. bis 27. Dezember lagen dort bei meist anhaltendem Sonnenschein die Maxima täglich über 10 Grad. Da ist es kein Wunder, dass die eine oder andere Pflanze mal nachschaute, ob es schon Frühling ist.
In den nächsten Tagen allerdings werden die oben erwähnten Kollegen keine Probleme mit ihrer Pollenallergie bekommen. Der angekündigte Spätwinter (s. Thema des Tages von gestern) mit Tagesmittelwerten um die null Grad und das Auswaschen der Pollen durch Regen und Schnee wird ihnen und ihren Leidensgenossen zumindest eine Woche "Schniefpause" bescheren.
Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst