Besonders zur nordhemisphärischen Winterzeit zeigt die uns bekannte Westwindwetterlage wiederholt ihr teils garstiges Gesicht, indem sie wie am Fließband ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen nach Europa schickt. Eingelagert in diese stramme Westströmung können nicht selten auch kräftige Sturmtiefs oder gar Orkantiefs ihr Unwesen treiben, sodass man auf den ersten Blick geneigt ist zu sagen, dass solch wechselhafte Wetterlagen von besonderem Interesse für unsere Wettervorhersage sein müssen.
Dem ist auch so, doch auch die andere Seite der Medaille spielt im Vorhersagedienst eine große Rolle, wenn sich nämlich die Tief- und Hochdruckgebiete kaum von der Stelle bewegen und einer Region über einen Zeitraum von mehreren Tagen, teils auch Wochen dasselbe Wetter bringen. Ist man zum Beispiel auf der Nordhemisphäre vorderseitig eines Tiefdruckgebietes gelegen, profitiert man von der aus Südwest herangeführten warmen Luftmasse und bei noch hohem Luftdruck am Boden nicht selten von viel Sonnenschein und trockenem Wetter. Dies ist jedoch sehr allgemein gehalten, können sich im Sommer doch in der energiereichen Luftmasse bereits heftige Gewitter ausbilden. Auch kann die herangeführte Höhenwarmluft im Herbst und Winter für die Ausbildung einer Inversion (siehe DWD Lexikon) und verstärktes Nebelgrau sorgen. Rückseitig des Tiefdruckgebietes muss man hingegen das meist eher unfreundliche Rückseitenwetter ertragen mit wiederholt auftretenden Schauern und je nach Jahreszeit entsprechend mit kälteren Temperaturen. Ebenso wechselhaft gestaltet sich das Wetter für diejenigen, die sich unter solch einem Tiefdruckgebiet befinden.
Das "tückische" an solchen Wetterlagen ist, dass sie nicht offensichtlich "gefährlich" daherkommen, wie z.B. ein mächtiges Orkantief, sondern erst allmählich dank ihrer Beständigkeit für eine zunehmende Gefahr sorgen können (wobei die Betonung auf "können" liegt, denn die meisten dieser Wetterlagen verlaufen wettermäßig ungefährlich ab).
Es ist also nicht überraschend, dass solch beständige und "eingefahrene" Wetterlagen entsprechend der Jahreszeit auch teils außergewöhnliche Wetterereignisse mit sich bringen können. In Erinnerung dürfte zum Beispiel das sommerlich-schöne Wetter zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland sein, welches besonders zu Beginn von einer beständigen Blockierungslage (einem sogenannten Omega-Block, der weiter unten im Text näher erklärt wird) geprägt war. Jedoch bringen solch eingefahrene Wetterlagen nicht selten auch eine zunehmende Trockenheit (wichtig für die Agrarmeteorologie) oder bei wiederholt auftretenden Regenfällen auch eine erhöhte Überschwemmungsgefahr mit sich.
Vereinfacht gesagt ist die treibende Kraft der Polarwirbel, der sich entsprechend der Jahreszeiten mal stärker, mal schwächer ausgeprägt relativ zonal (von West nach Ost gerichtet) um die Pole windet. Dank der größeren Temperaturgegensätze im Winter ist der Wirbel zu dieser Jahreszeit besonders kräftig und sorgt mit seiner zonalen Strömung für eine rege Westwindwetterlage. Schwächt sich der Wirbel ab, dann wellt die Strömung und die Stunde für großräumige Tief- und Hochdruckgebiete ist gekommen, die sich wiederum nur noch langsam von der Stelle bewegen. Unter anderem sind dies Ausgangslagen für sich aufbauende blockierende Wetterlagen. Doch welche gibt es denn überhaupt?
Da wäre die wohl bekannteste blockierende Lage, die "Omega Lage". Sie hat ihren Namen entsprechend der Erscheinungsform der Strömung erhalten, die wie der griechische Großbuchstabe "Omega" aussieht. Siehe Vergleichsskizze im angehängten Bild unter a).
Eine geteilte Strömung (engl. split flow) ist geprägt von zwei getrennten Zweigen des Jet streams (Bereiche in der Troposphäre mit sehr hohen Windgeschwindigkeiten), die durch eine beständige und kräftige Hochdruckzelle getrennt werden. Das Wetter zwischen den Jets ist nun für längere Zeit von der Tiefdrucktätigkeit abgekoppelt. Siehe dazu das Teilbild b).
Ein abgeschlossenes Höhentief (cut-off), welches sich aus der vorherrschenden Westwinddrift herausgelöst hat verlagert sich entweder nur sehr langsam oder verharrt sogar an einem Ort und gestaltet das Wetter sehr wechselhaft. Eine Skizze dieser Lage ist im Teilbild c) zu erkennen. Ein Beispiel war das "Konatief" über Hawaii, welches im Thema des Tages vom 07.12.2015 behandelt wurde (siehe im Archiv der Themen des Tages).
Dann gibt es noch einen sogenannten "rex block", der sich durch eine sehr beständige Konstellation auszeichnet, wobei sich ein kräftiges Hochdruckgebiet nördlich oder knapp nordwestlich eines ebenso kräftigen Tiefdruckgebiets ausbildet. Dabei sorgt diese Konfiguration dafür, dass keine weiteren Wettersysteme heranziehen können, da diese weiträumig umgelenkt werden. Somit bleibt es unter dem Hochdruckgebiet für längere Zeit trocken, während es im Einflussbereich des Tiefdruckgebietes entsprechend kräftig regnen kann. In unseren Breiten ist diese Lage auch als "Hoch-über-Tief-Blockadelage" bekannt. Siehe dazu das Teilbild d).
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass auf der Nordhemisphäre im Verlauf der letzten Jahre und Jahrzehnte blockierende Wetterlagen zugenommen haben und einhergehend auch die extremen Begleiterscheinungen wie Dürre und Hitze, Starkregen oder Kälte und teils viel Schnee. Als Beispiele sind der März 2012 und der März 2013 im Nordosten der USA mit außergewöhnlich warmen bzw. kalten Temperaturen zu nennen oder der "Jahrhundertsommer" 2003 in weiten Bereichen Europas. In Deutschland kann man den bereits genannten Sommer 2006 oder den Frühling im Jahr 2011 mit einem erheblichen Niederschlagsdefizit nennen. Auch die in unseren Breiten bekannte Vb Wetterlage, berüchtigt für zu Hochwasser führenden heftigen Regenfällen z.B. im Einzugsbereich der Elbe, kann unter den Sammelbegriff einer blockierenden Wetterlage fallen.
Kein Wunder also, dass solche beständigen blockierenden Wetterlagen auch im operationellen Vorhersagedienst von großem Interesse sind, um entsprechend das Gefahrenpotential frühzeitig abschätzen zu können.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst