Die Feinde des Schnees

Vielerorts liegt in Deutschland derzeit bis in tiefe Lagen mehr oder weniger Schnee. Mit Ausnahme der Stationen von mehr als 750 Metern Ortshöhe über Normalnull lauten die derzeitigen Spitzenreiter (Stand 19.01.2016, 7 Uhr MEZ):

Baiersbronn-Mitteltal (Schwarzwald, 596 m) 76 cm Reit im Winkl (Alpen, 685 m) 60 cm Loßburg (Schwarzwald, 662 m) 54 cm

Doch früher oder später - spätestens im Frühjahr - geht es dem Schnee an den Kragen. Aber auf welche Weise wird der Schnee immer weniger und verschwindet schlussendlich?

Nun, zum einen enthält eine frische Decke aus recht trockenem Schnee sehr viel Luft. Im Laufe der Zeit sackt diese einst lockere Schneedecke unter ihrem eigenen Gewicht mehr oder minder zusammen - die Gesamtschneehöhe reduziert sich, selbst wenn die ganze Zeit über Dauerfrost herrschte.

Aber bevor wir zum ersten eigentlichen "Schneekiller" kommen, müssen wir noch einen kleinen theoretischen Ausflug machen:

Anhand der sogenannten Feuchttemperatur und Taupunkttemperatur unterscheidet man verschiedene Stufen des Schneeabbauprozesses. Die Feuchttemperatur ist dabei die Temperatur, die von der feuchten Seite eines Psychrometers (siehe dazu unser Lexikon unter www.dwd.de/lexikon) gemessen wird und stets kleiner (bzw. bei 100 % Luftfeuchtigkeit gleich) der Lufttemperatur ist. Die Taupunkttemperatur ist diejenige Temperatur, bei der die feuchte Luft wasserdampfgesättigt wäre. Sie ist kleiner als die Feuchttemperatur (bzw. bei tatsächlicher Sättigung gleich groß).

Liegt die Feuchttemperatur - und damit auch die Taupunkttemperatur - unter 0 Grad, sublimiert der Schnee. Zur Sublimation kommt es, wenn Schnee oder Eis direkt von der festen in die gasförmige Phase übergehen. Das geschieht, weil die den Schnee umgebende Luft meist noch mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, als sie aktuell beinhaltet. Wenn die Luft also nicht wasserdampfgesättigt ist, kann der Schnee unabhängig von der Lufttemperatur ohne zu schmelzen direkt zu Wasserdampf sublimieren und sich somit ein Teil der Schneedecke im wahrsten Sinne des Wortes verflüchtigen. Dieses Phänomen kann man besonders an sonnenreichen Eistagen beobachten. Da dabei aber Energie aufgebracht werden muss, kühlt der übrige Schnee noch weiter ab, was den Vorgang verlangsamt - die Sublimation ist also nicht gerade der effektivste Prozess.

Effektiver ist es da schon, wenn die Feuchttemperatur schon über 0 Grad liegt, die Taupunkttemperatur aber noch darunter. Dann schmilzt der Schnee - das heißt, er geht sowohl in die gasförmige als auch in die flüssige Phase über.

Liegt auch der Taupunkt über 0 Grad, taut der Schnee - ein noch effektiverer Vorgang als das Schmelzen. Der Schnee geht dann nur noch in die flüssige Phase über.

Legt man eine mittlere relative Luftfeuchtigkeit von 50 % zugrunde, so sublimiert Schnee unterhalb einer Lufttemperatur von +3,5 Grad (und einer entsprechenden Feuchttemperatur von 0,0 Grad), schmilzt bei 3,5 bis 10 Grad (Feuchttemperatur über 0,0 Grad, Taupunkttemperatur unter 0,0 Grad) und taut oberhalb von 10 Grad (Feucht- und Taupunkttemperatur über 0,0 Grad). Diese Werte lassen sich anhand von Formeln belegen bzw. in Tabellen ablesen.

Die Wirksamkeit hoher Lufttemperaturen wird nur noch von Regen übertroffen, der in den Schnee fällt. Solange der Regen nicht in Form von unterkühlten Tropfen (d.h. Wassertemperatur unter 0 Grad) fällt, ist dies aufgrund der hohen Wärmekapazität von Wasser ein unglaublich effektiver Prozess um Schnee abzubauen.

Der gnadenloseste "Schneekiller" überhaupt ist aber der Mensch, der den Schnee entweder per Hand oder maschinell aus dem Weg räumt, Schneemänner baut usw. ;-) Indem Salz oder Salzlösungen auf Straßen und Wege ausgebracht werden, wird der Gefrierpunkt von Wasser herabgesetzt und Schnee kann sich nicht mehr in fester Form halten, auch dann geht es der Schneedecke an den Kragen.

M.Sc. Met. Stefan Bach

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.01.2016

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