Finale Furioso: Zwischen SuperOrkan und Kältewelle

... Zwischen "Super-Orkan" über dem Nordatlantik und einer hereinbrechenden Kältewelle in Ost- und Südosteuropa schippert Deutschland allerdings in eher ruhigem Fahrwasser dem Jahresende entgegen.

Es ist gerade einmal 20 Tage her, als Island den wohl schlimmsten Schneesturm seit mindestens einem viertel Jahrhundert erlebte. Am heutigen 30. Dezember trifft nun ein weiterer, außerordentlich starker Sturm auf die Vulkaninsel. Die DWD-Bodenanalyse von heute Morgen 06 UTC zeigt das Orkantief mit dem Namen ECKARD bereits über Island mit einem Kernluftdruck von etwa 935 hPa (siehe http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2015/12/30.html). Bis heute Mittag soll sich ECKARD sogar noch geringfügig verstärken, sodass der Kernluftdruck womöglich 930 hPa erreichen könnte. Damit gehört ECKARD zu den ganz Großen seiner Art. Der niedrigste, jemals in einem außertropischen Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik beobachtete Luftdruck beträgt allerdings 914 hPa. Es war der sog. "Braer-Sturm" (benannt nach einem gestrandeten Öl-Tanker) im Januar 1993, der zu seiner Zeit im Seegebiet zwischen Island und Schottland diesen fabelhaften Rekord aufstellte. Diese Marke bleibt unangetastet, der isländische Rekord (knapp 924 hPa, gemessen am 2.12.1929 auf der Insel Heimaey) ist aber zumindest in Reichweite.

Im Gegensatz zum "Braer-Sturm" trifft ECKARD allerdings direkt auf Island und sorgt dort für extreme Wettererscheinungen. Windgeschwindigkeiten in Böen bis 150 km/h, die durch orographische Effekte lokal sogar noch verstärkt werden können, heftiger Wellenschlag an den Küsten und kräftige, schauerartig verstärkte Regen- und Schneefälle bestimmen den heutigen Tag auf der Insel.

Als Konterpart des Orkans ECKARD fungiert ein in den Wetterkarten nicht minder auffälliges Hochdruckgebiet CHRISTINE, das heute Morgen mit einem Kernluftdruck von knapp 1050 hPa (!) mit seinem Schwerpunkt über dem Baltikum zu finden ist. Während zwischen ECKARD und CHRISTINE Warmluft subtropischen Ursprungs über Westeuropa bis zum Nordpolarmeer strömt, stößt auf der Ostflanke von CHRISTINE ausgleichend Kaltluft arktischen Ursprungs bis zum östlichen Mittelmeer vor.

Zum Jahreswechsel breiten sich Frost und mitunter auch kräftige Schneefälle bis zum Peloponnes, zur Ägäis und zur Türkischen Riviera aus. Besonders viel Schnee gibt es im Bergland Griechenlands, der Türkei sowie im Kaukasus. Im Hinblick auf den anhaltenden Flüchtlingsstrom ist diese Wetterentwicklung mit Besorgnis zu verfolgen.

Wie schon in der Einleitung angedeutet, kommt das Finale des Wetterjahres 2015 in Deutschland weniger furios, als unentschlossen daher. Während von Nordosten her der Winter anklopft, hält im Südwesten mildere Atlantikluft noch mehr oder weniger erfolgreich dagegen. Dieser Kampf der Luftmassen vermag wenigstens etwas Spannung zu vermitteln, ohne dabei mit Wetterextremen aufzuwarten.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.12.2015

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