Ungewöhnlich warmer Dezember

Der Dezember verlief bisher ungewöhnlich mild in Mitteleuropa und befindet sich derzeit auf Rekordkurs. Der Dezember war bisher um etwa 4,8 Grad zu warm. Zweistellige Maxima waren an der Tagesordnung, Nachtfrost war eine Seltenheit und nennenswerte Schneefälle blieben sogar in den Gipfellagen der Mittelgebirge weitgehend aus. Wer derzeit Schnee sucht, findet nur in den Alpen oberhalb von etwa 1700 bis 2300 m eine geschlossene Schneedecke. Heute wird mit Höchsttemperaturen von bis zu 17 Grad im Westen Deutschlands der vorläufige Höhepunkt der warmen Witterung erwartet.

Doch was sind die Ursachen für diese außergewöhnlich milde Witterung? Seit Anfang Dezember hat sich eine sehr hartnäckige Südwestwetterlage eingestellt. Dabei bilden sich immer wieder Tiefdruckgebiete bei Neufundland, die Richtung Europa ziehen. Über Süd- und Osteuropa liegt gleichzeitig ein Hochdruckgebiet, das die atlantischen Tiefdruckgebiete dann aber auf eine Südwest-Nordostzugbahn über Großbritannien nach Nordskandinavien zwingt. Mitteleuropa verblieb dabei zwischen den Tiefdruckgebieten und dem erwähnten Hoch in einer recht straffen Südwestströmung, in der es immer wieder zum Vorstoß von sehr milder subtropischer Meeresluft kommt. Weil mit der feucht-milden Meeresluft häufig Wolken herangeführt werden, kann es nachts kaum abkühlen, zumal bodennahe Kaltluftschichten mit dem relativ kräftigen Wind immer wieder weggeblasen werden. Somit ist dies die denkbar wärmste Wetterlage zu dieser Jahreszeit. Eine ähnliche Lage war übrigens hauptverantwortlich für die Rekordwärme Anfang November.

Wie kann so eine Wetterlage so lange stabil bleiben? Hauptverantwortlich dafür ist die Position des Polarwirbels. Der Polarwirbel ist ein mit Kaltluft angefülltes Höhentief, das sich aufgrund der Abkühlung im Winterhalbjahr in der Troposphäre und Stratosphäre nahe dem Nordpol ausbildet. Es markiert die Region der kältesten Luft und liegt schon länger recht kompakt und stabil mit seinem Zentrum zwischen Nordkanada und Grönland und verlagert sich nur langsam. Von dort aus fließt die Kaltluft über den relativ warmen Nordatlantik. Dies führt dort immer wieder Entwicklung von Tiefdruckgebieten, sodass die Tiefdruckkette und die daraus für uns folgende Südwestströmung nicht abreißen kann. Dieses Zirkulationsmuster ist äußerst stabil und war typisch für die meisten deutlich zu milden Winter, wie z. B. 2006/07, 2007/08 und 2013/14 in Deutschland.

Was müsste passieren, damit wir eine richtig winterliche Lage bekämen? Es müsste sich zunächst ein Hoch über dem Atlantik, Nordmeer oder Skandinavien aufbauen, das die atlantischen Tiefdruckgebiete, die die milde Luft heran führen in ihrer Südwest-Nordostzugbahn blockieren. Gleichzeitig wäre es dann günstig, wenn sich über Osteuropa ein Tiefdruckgebiet zum Liegen kommt, das uns auf seiner Rückseite mit einer nördlichen bis östlichen Strömung mit arktischer Kaltluft versorgt. Eine ähnliche Lage gab es im Dezember 2010, als fast ganz Deutschland unter einer Schneedecke lag, die zum Teil über einen halben Meter Mächtigkeit erreichte. Ob sich die Wetterlage dieses Jahr noch einmal umstellen wird oder ob es mild bleibt, wird voraussichtlich morgen das Thema sein.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.12.2015

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