Turbulentes Herbstwochenende

Ein turbulentes Herbstwochenende liegt hinter uns. Es scheint so, als hätte der "Wettergott" nun auch mal auf den Kalender geschaut und überrascht festgestellt: "Huch, Herbst!" In Sachen Temperatur hat die jahreszeitliche Anpassung zwar noch überhaupt nicht geklappt, bezüglich des Windes aber dafür umso mehr. Ein kleiner Rückblick:

Den Startschuss für das stürmische Wochenende gab Tief FRANK. Über dem Europäischen Nordmeer liegend, schickte FRANK seine Kaltfront bis Samstagfrüh einmal diagonal über Deutschland hinweg. Dahinter strömte vor allem in höheren Luftschichten eiskalte Luft in die Nordhälfte des Landes (in etwa 5,5 km Höhe z.T. deutlich unter -30 Grad!). Am Boden bekam man das zum einen in Form von schauerartigen Niederschlägen und sogar einzelnen Gewittern mit, zum anderen aber auch durch kräftigen Wind.

Zu den stürmischsten Regionen zählten dabei wie sooft die Küsten (z.B. 119 km/h auf Sylt (Bft 12)) und die hohen Mittelgebirgsgipfel (Brocken und Fichtelberg jeweils 119 km/h (Bft 12)), aber es gab noch andere Orte, an denen es zur Sache ging, nämlich dort, wo sich kräftige Schauer oder Gewitter in der Nähe "aufhielten". Im Allgemeinen nimmt der Wind nämlich mit der Höhe zu, da er dann immer weniger mit der Bodenreibung zu kämpfen hat. Bei kräftigen Schauern und Gewittern passiert es häufig, dass dieser Oberwind (wird gerne in etwa 1,5 km Höhe angesiedelt) durch die vertikalen Umlagerungen mit dem nach unten sausenden Niederschlag mitgerissen wird und es dann auch in tiefen Lagen zu Sturm- oder sogar Orkanböen kommen kann. Am Freitagabend und in der Nacht zum Samstag lagen die Windgeschwindigkeiten in etwa 1,5 km Höhe bei 90 bis 100 km/h. Daher verwundert es kaum, dass in der Nacht zum Samstag im niedersächsischen Bückeburg eine schwere Sturmböe mit 97 km/h (Bft 10) gemessen wurde, während es im knapp 30 km entfernten Bad Salzuflen nur für eine Spitzenböe von 65 km/h reichte.

Am Samstag blieb die kräftige westliche Strömung, die sich zwischen der großräumigen Tiefdruckzone über Nord- und Nordwesteuropa und Hoch ULRIKE über Südwesteuropa eingestellt hat, vor allem in höheren Luftschichten bestehen. Der Sturm beschränkte sich erneut auf die üblichen Regionen: Küste und höchste Mittelgebirgslagen.

Der gestrige Sonntag zeigte sich da wieder deutlich fairer, denn nun "durften" auch wieder die tiefen Lagen am stürmischen Wetter teilhaben. Schirmherr diesbezüglich war Tief GUNWALD, das mit Ausnahme des Nordosten Deutschlands vielerorts bis in tiefe Lagen für starke bis stürmische Böen sorgte. München konnte mit 79 km/h sogar eine Sturmböe (Bft 9) verbuchen. Auf den Bergen blies es natürlich deutlich mehr, aber selbst die Bergstationen kamen bei Weitem nicht an den Brocken ran: 158 km/h (extreme Orkanböe) wurden dort gemessen!

Der Wind hatte die Aufmerksamkeit allerdings nicht für sich allein, sondern musste sie mit einem weiteren meteorologischen Element teilen: dem Regen. Besonders im Norden und Osten kamen von Samstag- bis Montagfrüh verbreitet 25 bis 35 l/qm zusammen, vor allem im Nordwesten waren es sogar 35 bis 50 l/qm (lokal auch etwas mehr). Im Stau des Harzes fielen in diesem Zeitraum 50 bis 100 l/qm, wobei der Brocken mit gemessenen 93 l/qm innerhalb von nur 24 Stunden (!) auch in dieser "Kategorie" wieder allen die Show stahl.

Und wie geht es nun in dieser Woche weiter? "Weiterhin stürmisch und nass!" lautet die kurze Antwort für weite Teile Deutschlands. Erst zum kommenden Wochenende sieht es nach einer Umstellung der aktuellen Großwetterlage aus. Dann könnte sogar der Winter anklopfen!

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.11.2015

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