Bodenwetterkarten sind Darstellungen der zur gleichen Beobachtungszeit an vielen Wetterstationen gewonnenen meteorologischen Variablen, die nach einem standardisierten Schema, dem sog. Stationsmodell, in Landkarten mit Meeren, Kontinenten, Staatsgrenzen und ggf. dem kartografischen Relief eingetragen werden. Außer den Wetterfronten zur Abgrenzung verschiedener Luftmassen, zeigen ausgewertete Bodenwetterkarten Linien gleichen, auf Meeresniveau reduzierten Luftdruckes, nämlich Isobaren, denn der Luftdruck (Maßeinheit Hektopascal [hPa]) ist mit allen wetterrelevanten Parametern eng korreliert. Allerdings ist die Atmosphäre dreidimensional, so genügt es oftmals nicht, sich bei der Beschreibung meteorologischer Prozesse auf die Bodenwetterkarte zu beschränken. Man braucht außerdem Darstellungen weiterer Atmosphärenschichten, sog. Höhenwetterkarten. Manchmal zeigen sich meteorologische Entwicklungen sogar ausschließlich in der Höhenwetterkarte und hinterlassen im Bodenniveau nur relativ geringe oder gar keine "Spuren". In Höhenwetterkarten wird jedoch nicht etwa das in einer bestimmten geometrischen Höhe anzutreffende, zweidimensionale Luftdruckfeld gezeichnet, sondern es wird die "geopotentielle Höhe" eines bestimmten Druckniveaus, z. B. der 500-hPa-Fläche, mittels sog. Isohypsen dargestellt. Sowohl für das Bodendruckfeld als auch für verschiedene Druckflächen erstellt man "Analysekarten" zur Beschreibung des atmosphärischen Ist-Zustandes sowie "Vorhersagekarten" für kurz- und sogar mittelfristige Zeitpunkte in der Zukunft.
Mit der geopotentiellen Höhe (Maßeinheit ist meist der geopotentielle Dekameter [gpdam]) als Vertikalkoordinate eliminiert man die Abhängigkeit der irdischen Schwerebeschleunigung von der geographischen Breite und filtert die meteorologisch relevanten Luftdruck- bzw. Geopotentialunterschiede heraus. Gleichzeitig ist die geopotentielle Höhe, oder einfach "das Geopotential", ein Ausdruck für die Lageenergie einer Luftmasse. In warmer Luft fällt der Druck mit zunehmender Vertikale langsamer als in kalter Luft, daher herrscht bei einer bestimmten geometrischen Höhe in der Warmluft ein höherer Druck als in der Kaltluft. Andererseits liegt beispielsweise die 500-hPa-Fläche in einer Warmluftmasse geometrisch höher als in einer Kaltluftmasse. Warme Luft hat also eine höhere potentielle Energie als kalte Luft. In den Höhenwetterkarten erscheinen Warmluftmassen quasi als Berge (im Meteorologen-Jargon Geopotential- oder Höhenrücken), Kaltluftmassen als Täler (Geopotential- oder Höhentrog). Druck- bzw. Geopotentialgebilde mit geschlossenen Isolinien bezeichnet man als Höhenhoch bzw. Höhentief. Übrigens beziehen die Tiefdruckgebiete unserer mittleren Breiten, die an der Übergangszone zwischen Warm- und Kaltluftmassen (Stichwort "Polarfront") entstehen, ihre "Kraft" aus der potentiellen Energie der Warmluft.
Seit vergangenem Sonntag (11.10.2015) formte ein erneuter Kaltluftausbruch aus der grönländischen Arktis einen schmalen Trog, der sich schließlich bis nach Mitteleuropa erstreckte. Dabei kam es in der mittleren und höheren Atmosphäre über der Nordsee zur Abschnürung eines Kaltluftkörpers und zur Entstehung eines Höhentiefs. Im Bodendruckfeld zeigte sich im Zusammenwirken mit einem Tiefdruckgebiet über dem Golf von Genua eine nordwärts gerichtete "zyklonale" Ausbuchtung der Isobaren. Das Höhentief zog südostwärts entlang der Ostküste Englands über die Benelux-Staaten hinweg, vergrößerte seinen Umfang und liegt derzeit mit seinem Kern über Westdeutschland und Nordostfrankreich. In seinem Einflussbereich kam es in Mitteleuropa zu teils ergiebigen Niederschlägen, die in Deutschland oberhalb von etwa 300 bis 400 m als Schnee fielen und gebietsweise noch andauern. In den Mittelgebirgen gab es einen frühen "Wintereinbruch" mit einigen Zentimetern Neuschnee, der vielerorts zu Verkehrsbehinderungen bis hin zu Streckensperrungen führte. Spitzenreiter innerhalb des DWD-Messnetzes bei den vierundzwanzigstündigen Neuschneehöhen bis heute früh 06:00 UTC war die Station Zugspitze (2964 m Höhe) mit 28 cm, auf dem zweiten Platz folgt der Fichtelberg (Stationshöhe 1213 m) mit 11 cm. Eindrucksvoller sind jedoch die in der Finne, einem maximal 370 m aufragenden Höhenzug zwischen Unstrut und Ilm (Sachsen-Anhalt und Thüringen), an zwei Stationen jeweils beobachteten 10 cm. In den westdeutschen Mittelgebirgen blieben die Neuschneehöhen dagegen einstellig.
Zur Illustration finden Sie unten eine Karte der dreistündigen Niederschlagsmengen [l/m² = mm] von gestern Nachmittag, 13.10.2015, 15:00 UTC, unterlegt mit einem Satellitenbild und ergänzt durch Radarinformationen. Die geschlossene weiße Kurve charakterisiert das Zentrum des Höhentiefs innerhalb der 500-hPa-Hauptdruckfläche mit einer geopotentiellen Höhe von 552 gpdam.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst