Berg und Talwind

Im gestrigen Thema des Tages haben Sie das Land-Seewind-System kennengelernt. Aber nicht jeden zieht es im Urlaub an die See, sondern vielmehr in die Berge. Deshalb wird an dieser Stelle heute ein weiteres lokales Windsystem vorgestellt, nämlich die Berg-Talwind-Zirkulation. Damit Sie sich alles besser bildlich vorstellen können, finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema eine schematische Abbildung. Die Berg-Talwind-Zirkulation ist ein tagesperiodisches Windsystem, das im Gebirge bei ruhigen Hochdruckwetterlagen entsteht. Die grundlegende Voraussetzung ist nämlich starke Sonneneinstrahlung. Die Sonne bestrahlt die Berghänge früher als die Täler. So setzt an einem sonnenbeschienenen Hang nach Sonnenaufgang eine starke Erwärmung des Bodens ein, die von der Ausrichtung zur Sonne, der Oberflächenform und dem Bewuchs abhängig ist. Dadurch erwärmt sich die bodennahe Luft am Hang rascher als die hangferne Luft im Tal. In der Folge setzt dort durch die Verringerung der Luftdichte der warmen Luft thermischer Auftrieb ein, es entsteht Hangaufwind. Seine Geschwindigkeit beträgt in der Regel etwa 2 bis 3 km/h. Die Luft kühlt sich beim Aufsteigen ab und sinkt über Ursprungs- oder Nachbartal bzw. im Gebirgsvorland wieder in tiefere Lagen ab. Die aufsteigende Luft muss ersetzt werden, sodass sich eine aus dem Vorland die Täler und Berghänge hinauffließende, im Tagesgang immer stärker werdende Ausgleichsströmung einstellt - der Talwind. Um die Mittagszeit bilden sich über den Berggipfeln und -kämmen häufig die ersten Quellwolken, da die Luft aus den Tälern, die sukzessive die Hänge hinauftransportiert wird, meist feucht ist. Auch sie wird erwärmt und steigt ebenfalls auf, wodurch sie sich abkühlt und relativ gesehen feuchter wird. Wenn sie das Kondensationsniveau (100 % Luftfeuchte) erreicht, bilden sich Wolken. Über den Tälern bleibt es dagegen wolkenlos, da sich die absinkende Luft erwärmt und dabei relativ trockener wird. Werden die Hänge nicht mehr beschienen (spätestens nach Sonnenuntergang), kommen Hang- und Talwind allmählich zum Erliegen. Sie schlafen vorübergehend komplett ein, bevor das Windsystem in umgekehrter Richtung startet: Nachts kühlen sich die Berghänge und die bodennahe Luft über ihnen stärker ab als die Luft im Tal. Die nun kühlere Luft und somit schwerere Luft fließt als Bergwind die Hänge hinab. Der nächtliche Bergwind ist meist schwächer ausgeprägt als der Talwind am Tage, mitunter ist er kaum zu spüren, sorgt jedoch am Talgrund für frische Luft. Typischerweise beginnt er zwei bis drei Stunden nach Sonnenuntergang und dauert bis kurz nach Sonnenaufgang an. Diese Art von Zirkulation findet man nicht nur in Hochgebirgen wie den Alpen, sondern man kann sie durchaus auch in den Mittelgebirgen beobachten. Regional finden sich dann auch spezielle Bezeichnungen, wie der Wisperwind im Taunus oder der Höllentäler Wind im Schwarzwald, der als Bergwind das Stadtzentrum Freiburgs mit Frischluft versorgt.

M.Sc. Met. Stefan Bach

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.07.2015

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst