Was ist eine Fallböe?

Die Hitzewelle endete mit schweren Gewittern, die Orkanböen brachten und teilweise mit erheblichen Schäden einhergingen (siehe gestriges Thema des Tages). Schaut man sich die enormen Schäden in Halle an der Saale und Framershausen bei Alzey an, wo bei letzterem ganzer Häuser zerstört worden sind, denkt man zunächst an einen Tornado. Doch es gibt ein weiteres Phänomen, das in Zusammenhang mit schweren Gewittern steht und häufiger vorkommt als Tornados. Die Rede ist von sogenannten Fallböen (engl. Downburst). Obwohl Fallböen ebenso starke Schäden verursachen können wie Tornados, sind sie dennoch vielen Leuten unbekannt. Fallböen sind wie auch Tornados mit schweren Gewittern verbunden, wobei auch bei den Fallböen die stärksten Ereignisse häufig im Zusammenhang mit rotierenden Gewittern, den sogenannten Superzellen, auftreten. Dennoch unterscheiden sich Fallböen physikalisch wesentlich von Tornados. Tornados sind stark rotierende Luftwirbel mit vertikaler Drehachse, die sich gleichzeitig in Verbindung mit dem Boden und einer Schauer- oder Gewitterwolke befindet. Oft sieht man dabei ausgehend von der Gewitterwolke einen manchmal sogar bis zum Boden reichenden auskondensierten rotierenden Trichter oder Wolkenschlauch. Downbursts oder Fallböen hingegen entstehen, wenn kalte Luft in einem Gewitter nach unten fällt, auf den Boden trifft und sich dort in lineare Richtung ausbreitet. Dabei können Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 km/h erreicht werden. Doch wie genau entsteht diese fallende kalte Luft? Innerhalb stärkerer Gewitter bilden sich in den höheren Schichten oft größere Hagelkörner. Haben diese eine gewisse Größe erreicht, kann sie der Aufwind des Gewitters nicht mehr in der Luft halten und sie beginnen zu fallen. Beim Fallen gelangen die Hagelkörner in tiefere und wärmere Luft. Sie beginnen zu schmelzen, sobald die Temperatur über den Gefrierpunkt steigt. Zum Teil entsteht dabei Regen. Fällt dieser in trocknere Schichten, setzt schnell Verdunstung ein. Dies geht umso schneller, je trockener die Luft ist. Sowohl beim Schmelzen des Hagels als auch bei der Verdunstung der Regentropfen wird der Luft Energie in Form von Wärme entzogen, wodurch sie sich abkühlt. Da nun die kalte Luft schwerer ist, als die umgebende Warmluft, wird sie nach unten beschleunigt und trifft irgendwann auf den Boden. Von Weitem sieht es oft so aus, wie wenn ein "Sack" aus dem Gewitter heraus fällt. Trifft die Luft auf den Boden auf, so breitet sie sich dort horizontal aus. Im Downburst hat man häufig auch die stärksten Niederschläge und auch Hagel. In unmittelbarer Nähe sieht ein Downburst wie eine "weiße Wand", die sich schnell bewegt, aus. Das Schadenspotenzial von Downbursts ist häufig sogar größer als das von Tornados, da meist eine größere Fläche betroffen ist und nicht eine schmale Schneise wie meistens bei einem Tornado.

Ob der Fall in Framershausen nun ein Tornado oder ein Downburst war, ist noch nicht mit letzter Sicherheit geklärt. Dennoch weißt derzeit viel auf einen Downburst hin. So gab es die besagten trockenen Schichten in der unteren Atmosphäre. Außerdem war die untere Atmosphäre sehr heiß und relativ trocken, was das Schmelzen von Hagel und Verdunstung von Niederschlag begünstigte und somit eine große Beschleunigung der fallenden Kaltluft verursachte. Diese trockenen bodennahen Schichten sind eher ungünstig für die Entwicklung von Tornados, da die Wolkenuntergrenzen dadurch sehr hoch waren.

Änderung: Vertikale Drehachse von Tornados.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.07.2015

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