Hitzewellen auf der Nordhalbkugel

Über die derzeit auftretende Hitzewelle in Mitteleuropa wurde viel erzählt. Am Samstag schwingt sie sich in Deutschland nun zu einem vorläufigen Höhepunkt auf. Deutschland der Hitze-Hotspot? Durchaus, jedoch lohnt auch der Blick über den berühmten Tellerrand hinaus. Denn in den vergangenen Wochen suchten gleich mehrere außergewöhnliche Hitzewellen verschiedene Regionen auf der Nordhalbkugel heim. Anstatt müßig weitere Facetten der "hauseigenen" Hitze und deren Auswirkungen zu beleuchten, startet der Autor des heutigen Tagesthemas eine kleine Wetterreise über die nördliche Hemisphäre.

Von Deutschland aus soll es zunächst einmal nach England gehen. Hier führte die nun in Deutschland angekommene Hitzewelle bereits Mitte dieser Woche für bemerkenswerte Temperaturen. Am Londoner Flughafen Heathrow stieg das Quecksilber am vergangenen Mittwoch, den 1. Juli, auf 36,7 Grad Celsius. So heiß war es im Vereinigten Königreich in einem Juli noch nie - zumindest nicht seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Kleine Anekdote am Rande: Das Tennismatch zwischen Novak Djokovic und Jarkko Nieminen auf dem heiligen Rasen zu Wimbledon an eben diesem Tag geht als das heißeste in der Geschichte des Turniers ein. Ein Tag zuvor, also am 30. Juni, konnten in der spanischen Hauptstadt Madrid mit 39,1 Grad und im ebenfalls spanischen Toledo mit 40,8 Grad jeweils neue Juni-Stationsrekorde aufgestellt werden. In Paris wurde am selben Tag mit einer Höchsttemperatur von 38,9 Grad der Allzeitrekord von 40,4 Grad knapp verfehlt.

Verlassen wir nun Europa und machen Zwischenstation in Nordamerika. Auch für die Menschen im Nordwesten der USA und im Westen Kanadas war in der dritten Juni-Dekade Schwitzen angesagt - und das in einer für diese Jahreszeit dort sehr ungewöhnlichen Ausprägung. Vor allem in den Staaten Washington, Idaho, Montana und British Columbia wurden einige Stationsrekorde hinsichtlich der Höchsttemperatur des Monats Juni eingestellt oder gebrochen. Ganz besonders heiß war der 28. Juni. Bei Temperaturen teils über 40 Grad purzelten gleich mehrere Allzeitrekorde.

Weiter geht es nach Südamerika, nach Kolumbien um genau zu sein. Dort wurde der Juni-Rekord des Landes binnen einer Woche gleich mehrfach "pulverisiert". Nachdem die 40,8 Grad von Guaymaral sage und schreibe 42 Jahre Bestand hatte, schickten sich zwischen dem 20. und 27. Juni erst Agustin Codazzi (40,8 Grad), gefolgt von Valledupar und Urumitia (41,6 Grad) und letztendlich Urumitia (42,0 Grad) an, diesen zu übertreffen.

Zu guter Letzt besuchen wir Südasien. Verheerende Hitzewellen ereigneten sich in den letzten zwei Monaten nämlich in Indien und Pakistan. Beide trugen sich jeweils in die Liste der 10 tödlichsten Hitzewellen der Geschichte ein. Demnach sollen tausende Menschen an Folgen der Hitze ums Leben gekommen sein. In Pakistan wurden an insgesamt sechs aufeinanderfolgenden Tagen Höchsttemperaturen von 40 Grad und mehr erreicht mit einem Maximum von 44,8 Grad am 20. Juni in Karachi. In Indien gipfelte die stärkste Hitzewelle seit 1995 im Mai dieses Jahres in Tageshöchstwerten von bis zu 48 Grad im Schatten (Khammam, 24. Mai).

Nun wieder zurück nach Deutschland, wo unsere Reise endet. Eine persönliche Anmerkung des Verfassers sei abschließend noch erlaubt: Bei allen wilden Spekulationen um mögliche Temperaturrekorde in Deutschland soll uns die kleine Reise vor Augen führen, dass es Regionen auf der Welt gibt, die mit noch ganz anderen "Hitzekalibern" kämpfen müssen.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.07.2015

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