Klimatische Wasserbilanz Das Frühjahr 2015

Am morgigen Montag beginnt der meteorologische Sommer. Dass wir Meteorologen den Sommeranfang aus rein praktischen bzw. statistischen Gründen anders definieren als beispielsweise der Kalender, und wie sich das Wetter in den ersten "Sommertagen" gestalten wird, konnten Sie gestern an dieser Stelle lesen.

Blickt man aber auf die vergangenen fast drei Monate zurück, so war das (meteorologische) Frühjahr insgesamt gesehen um 1,1 Kelvin zu warm, in weiten Teilen Deutschlands aber vor allem zu trocken. Dementsprechend weist die klimatische Wasserbilanz (KWB) des Frühjahrs 2015 meist ein Vorzeichen auf, nämlich "minus". Diese Bilanz ist die Differenz aus der Niederschlagssumme und der potentiellen Evapotranspiration über Gras bei sandigem Lehmboden. Die potentielle Evapotranspiration wiederum setzt sich einerseits aus der Verdunstung über einer vegetationslosen Erdoberfläche (Evaporation) und andererseits aus der potentiellen Verdunstung an Blattoberflächen (Transpiration) zusammen. Bei einem Bewuchs mit Gras gibt die potentielle Verdunstung diejenige Wassermenge an, die von einer ausreichend feuchten Grasfläche an die Atmosphäre abgegeben wird. Sie ist die maximale Wassermenge, die dem Boden durch das Gras entzogen werden kann. Ist der Boden durch fehlenden Niederschlag nicht ausreichend mit Wasser versorgt, schränken die Gräser über die Schließung ihrer Spaltöffnungen (Stomata) die Verdunstung ein. Dann liegt die tatsächliche zum Teil deutlich unter der potentiellen Verdunstung. Der Wassergehalt des Bodens, der dem Gras für die Verdunstung zur Verfügung steht, ist zudem von der Bodenart abhängig. Ein Sandboden speichert in der Schicht bis 60 cm Tiefe maximal 60 mm (=Liter pro Quadratmeter) Wasser, ein Lehmboden dagegen 150 mm. Bei Trockenheit geht daher die tatsächliche Verdunstung über Sand schneller als über Lehm zurück. Die potentielle Evapotranspiration ist von meteorologischen Parametern wie Temperatur, Luftfeuchte (und somit Sättigungsdefizit der Luft), Wind und anderen Größen abhängig und kann mittels agrarmeteorologischer Methoden berechnet werden. Unter www.dwd.de/tagesthema finden Sie eine Grafik, die die klimatische Wasserbilanz seit 1. März 2015 darstellt. Im Norden und der Mitte hat die KWB mit Ausnahme einiger Regionen (z.B. der Mittelgebirge) verbreitet negative Werte angenommen. In den roten Bereichen sind über 125 mm Wasser mehr verdunstet als im gleichen Zeitraum an Niederschlag gefallen ist. Dabei kommen die klassischen Trockengebiete im Osten Deutschlands, in Rheinhessen und das unterfränkische Maintal sehr gut heraus. Dementsprechend ausgetrocknet sind dort die obersten 20 cm der Böden - für so manchen Landwirt möglicherweise Grund zur Sorge wegen drohender Ernteeinbußen, vor allem bei erst in diesem Jahr ausgebrachten Feldfrüchten. So hat es in Frankfurt am Main im gesamten Frühjahr bisher nur 51,1 mm Niederschlag gegeben. Im vieljährigen Mittel (Referenzperiode 1961-1990) stehen dem 163,9 mm gegenüber - es sind also lediglich etwa 31 % des "Soll-Niederschlags" gefallen.

In den "Trockengebieten" sehnen sich sicherlich viele Allergiker und vor allem Gärtner nach Landregen, der die Böden allmählich und wenig erosiv befeuchtet. Kurze Schauer oder Gewitter sind dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Hinzu kommt, dass die Böden bei Starkregenereignissen das Niederschlagswasser in so kurzer Zeit gar nicht aufnehmen können - das Wasser fließt oberflächlich ab.

Ganz anders sieht die Situation in Süddeutschland aus: Im Alpenvorland und im Südschwarzwald fällt die KWB deutlich positiv aus. Dort sorgten mehrere Dauerregenereignisse für einen Überschuss von mehr als 250 mm. Teils drohte Hochwasser, aber mittlerweile hat sich die Situation wieder entspannt.

In der Nacht zum Montag zieht nun ein Tiefausläufer von Westen in die Mitte Deutschlands und sorgt für teils länger anhaltenden Regen. Die Niederschläge weiten sich am Montag tagsüber auch bis in den Süden und Osten Deutschlands aus, schwächen sich jedoch von Westen wieder rasch ab. Im Flächenmittel wird während dieses Zeitraums eine Niederschlagsmenge von 5 bis 10, gebietsweise um 15 l/qm erwartet. Dies wird jedoch an der vorherrschenden negativen klimatischen Wasserbilanz nur wenig ändern.

M.Sc.Met. Stefan Bach

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.05.2015

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