Nordhemisphärische Temperaturverteilung zum meteorologischen

Sommerauftakt

Der Sommer steht vor der Tür. Schaut man sich die aktuellen Temperaturen in Deutschland an, dann sind diese aber von sommerlichen Werten oft weit entfernt. In manch einer Ecke wäre man sogar schon mit frühlingshaften Temperaturen zufrieden.

Diese "Spätstarter-Mentalität" zeigt der met. Sommer aber nicht überall auf der Nordhalbkugel. Es gibt durchaus Gebiete, in denen sich die bevorstehende Jahreszeit deutlicher bemerkbar macht. Dies ist zum Beispiel über dem Westen Russlands zu erkennen, aber auch über Kanada und Alaska ist warme Luft schon recht weit nach Norden vorgedrungen.

In der zugehörigen Grafik, die Sie unter www.dwd.de/tagesthema finden, sind für den 1. Juni, also den meteorologischen Sommeranfang, die Temperaturen im 850-hPa-Niveau (hPa=Hektopascal) dargestellt. Dies ist eine Druckfläche in der Atmosphäre, die etwa in einer Höhe von 1,5 km liegt. Wenn Sie sich fragen sollten, warum man ausgerechnet diese Höhe wählt, so ist die Antwort recht einfach. Diese Höhe entspricht etwa der Obergrenze der sogenannten atmosphärischen Grenzschicht, in der der Tagesgang der Temperatur sehr stark ausgeprägt ist. Mit anderen Worten: Man kann ab dieser Höhe ohne größere tägliche Schwankungen Aussagen darüber treffen, ob die Luftmasse warm oder kalt ist.

Damit soll es dann auch schon gut sein mit den theoretischen Erläuterungen. Beim Blick auf die Karte fallen auf der Nordhalbkugel recht hohe Temperaturen über Kanada und der nordamerikanischen Pazifikküste, vor allem aber über dem Westen Russlands auf (rote Kreise). Hier ist Warmluft weit nach Norden vorgedrungen. Entsprechend sollen sich die Temperaturen dort am 1.Juni - dann der Jahreszeit entsprechend - im sommerlichen Bereich bewegen. 26 Grad Celsius werden für Kojnas vorhergesagt, das mit etwa 65 Grad nördlicher Breite fast auf dem Polarkreis liegt. Etwas weiter südlich, in Syktywkar (dieser Name ist wohl leichter zu schreiben als zu lesen) wird es mit 29 Grad wohl noch etwas wärmer werden, was Outdoor-Aktivisten sicher freuen dürfte.

Und in Kanada? Bethel in Alaska erwartet immerhin 21 Grad. Der Ort liegt auf 60 Grad nördlicher Breite und damit etwa auf der gleichen Breite wie Norwegens Hauptstadt Oslo.

Ebenfalls auffallend in der Karte sind die mit den blauen Kreisen markierten Gebiete. Dort ist der Temperaturgegensatz zwischen kälterer Luft im Norden und wärmerer Luft im Süden sehr groß. Regelmäßige Leser unseres Tagesthemas werden sich vielleicht an den Text vom 24.05. erinnern, in dem der Kollege Tobias Reinartz die Atmosphäre als "Kämpfer für Gerechtigkeit" bezeichnet hat, weil sie stets bemüht ist, Temperaturgegensätze auszugleichen. Damit wird unser Gerechtigkeitsfanatiker in den "blauen" Gebieten wohl bald mal tätig werden müssen. Da eines dieser Gebiete über Westeuropa und Nordwestafrika zu finden ist, schwingt da die Hoffnung mit, dass die Temperaturen bei uns auch mal ein höheres Niveau erklimmen werden.

Aber zumindest in einem Punkt sind wir den Russen voraus. Denn während an Nord- und Ostsee die Wassertemperaturen schon im niedrigen zweistelligen Bereich liegen, werden am Weißen Meer und in der Barentssee nur Werte um 5 Grad erreicht. Somit ist Schwimmen in diesen Gewässern nur etwas für ganz Harte... Aber in Russland finden sich dafür ja vielleicht Begeisterte...

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.05.2015

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