Sternfreunde wissen es, vor einigen Tagen zog unser Nachbarplanet Venus am Sternhaufen der Plejaden vorbei. Venus wurde im Römischen Reich als Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit verehrt. Die Plejaden indes galten in der altgriechischen Mythologie als weibliche Naturgeister, als Nymphen. Astronomisch sind sie ein etwa vierhundert Lichtjahre von uns entfernter, offener Sternhaufen, der mit bloßem Auge beobachtet werden kann und ebenfalls lange vor der Erfindung des Teleskops in verschiedenen alten Kulturen bekannt war. Ursprünglich wurden den Plejaden nur deren hellste Vertreter zugerechnet, daher der Name "Siebengestirn". Demnächst erreicht die Venus auf ihrer Bahn um das Zentralgestirn unseres Planetensystems ihren sonnennächsten Punkt, das Perihel. Ein Grund mehr, sich an dieser Stelle kurz mit der Gashülle unseres "Abendsterns" zu beschäftigen.
Nach Merkur ist Venus der innerste Planet (mittlerer Abstand von der Sonne etwa 108 Mio. km, vgl. Erde etwa 149 Mio. km) sowie der sechstgrößte unseres Planetensystems. Ihre Masse beträgt etwa 5 Quadrillionen kg (24 Nullen vor dem Komma!), das sind ungefähr 80% der Masse der Erde. Sie hat also die gleiche Größenordnung wie die Erde (Durchmesser ca. 12104 km, vgl. Erde ungefähr 12742 km) und kommt auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne der Erdbahn am nächsten (minimal 38.3 Mio. km).
Neben Merkur ist Venus von der Erde aus gesehen einer der beiden unteren Planeten, sie revolutioniert innerhalb der Erdbahn in knapp 225 Erdentagen um die Sonne. Die Rotation um ihre eigene Achse dauert dagegen 243 Erdentage, so dass ein Venus-Tag länger ist als das Venus-Jahr. Da Venus als unterer Planet ggf. nur morgens und abends, niemals aber gegen Mitternacht sichtbar ist, nennt man sie auch Morgen- bzw. Abendstern. Venus ist nach dem Mond der zweithellste natürliche Körper am Nachthimmel.
Die Atmosphäre der Venus besteht hauptsächlich aus Kohlendioxid sowie 3,5 % Stickstoff. Weitere Bestandteile sind Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid und Wasserdampf. Die Edelgase Argon, Helium und Neon sind in Spuren enthalten. Die Masse der Venus-Atmosphäre entspricht etwa dem 90-fachen der Masse der Erdatmosphäre. Daher beträgt bei einer ähnlichen Schwerebeschleunigung wie auf der Erde der Gasdruck im Bodenniveau mehr als 90 000 hPa. Dieser Druck herrscht auf der Erde in etwa 900 m Meerestiefe. Die vertikale Höhe der Venus-Atmosphäre beträgt ca. 250 km, 90 % ihrer Masse konzentrieren sich auf die rund 28 km mächtige, stark dunstige Schicht unmittelbar über der Venus-Oberfläche.
In einer Höhe von etwa 50 km befindet sich eine ca. 20 km dicke, stets geschlossene Wolkendecke. Sie besteht zu 75% aus Schwefelsäuretröpfchen, außerdem aus chlor- und phosphorhaltigen Aerosolen sowie möglicherweise auch aus Schwefelbeimengungen. Die undurchsichtige Venus-Atmosphäre reflektiert ca. 76 % der einfallenden Sonnenstrahlung, nur 2 % erreichen die Oberfläche, der Rest wird absorbiert. Die Nähe zur Sonne und der starke Treibhauseffekt bewirken Temperaturen um 465 °C.
Im Aufriss betrachtet bildet die Atmosphäre der Venus eine einzige Konvektionszelle (die Erde hat drei), d.h. in der am stärksten bestrahlten Äquatorzone steigen erhitzte Gasmassen auf, fließen in höheren Schichten unter Abkühlung polwärts, sinken zu Boden und strömen äquatorwärts zurück. Die höchsten Wolkenschichten in der Äquatorregion bewegen sich mit Geschwindigkeiten von ca. 360 km/h in Rotationsrichtung und umrunden die Venus in ca. vier Erdentagen. Die Ursache dieses "Superrotation" genannten Effekts ist bisher noch unbekannt.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst