Der Ausbau der erneuerbaren Energien - vor allem Wind- und Sonnenenergie - spielt eine zentrale Rolle in der globalen Energiewende. Der Anteil an erneuerbaren Energien an der Stromversorgung hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und liegt aktuell bei etwa 28 Prozent (http://www.agora-energiewende.de/themen/die-energiewende).
Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015 wurde in den Medien im Vorfeld als "Stresstest" für die Stromnetzbetreiber oder sogar für die gesamte Energiewende angekündigt. Das Wetter während der Sonnenfinsternis spielt bei solchen Überlegungen eine entscheidende Rolle, denn bei verbreitet wolkenlosen, sozusagen sonnigen Bedingungen hat die Abschattung der Sonne durch den Mond große Auswirkungen auf die Stromproduktion aus den installierten Solaranlagen (Photovoltaik- (PV-) Anlagen). Der große Unterschied zu den "alltäglichen" Vorgängen wie zum Beispiel Bewölkungsaufzug oder das Einsetzen der Dämmerung ist, dass im Falle der Sonnenfinsternis das Fehlen bzw. das Wiedereinsetzen der Sonneneinstrahlung abrupter und vor allem für ein riesiges Gebiet quasi gleichzeitig von statten geht.
Am vergangenen Freitag trat dann annähernd der gerade beschriebene schlimmste Fall, also das "Worst Case" Szenario ein. Denn mit Ausnahme einiger Gebiete im Westen bzw. Nordwesten war es in Deutschland nahezu wolkenlos und somit die Auswirkung der Sonnenfinsternis auf die solare Stromerzeugung eklatant. Aufzeichnungen zeigen, dass sich innerhalb eines Zeitraums von nur etwa einer Stunde die deutschlandweite PV-Produktion von etwa 13.000 MW auf etwa 5.000 MW also um mehr als 60 % verringerte. Anschließend stieg die solare Stromerzeugung, unterstützt durch den üblichen Tagesgang, innerhalb von nur ca. 1,5 Stunden um etwa 300 % von 5.000 MW auf knapp 20.000 MW wieder an (siehe Abbildung). Das ist in etwa so, als ob man 8 bzw. 15 Großkraftwerke (z.B. große Atom- bzw. Kohlekraftwerke) in kürzester Zeit aus- bzw. anschaltet (was mitunter aus technischen Gründen gar nicht möglich wäre).
Diesen ungünstigen Bedingungen zum Trotz haben die deutschen Übertragungsnetzbetreiber den Stresstest bestens gemeistert und es kam zu keinen kritischen Situationen für das deutsche Stromnetz. Dass dies kein Zufall war, belegen die gewissenhaften Vorbereitungen im Vorfeld. Dabei war auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) beteiligt und lieferte einen erheblichen Beitrag zum reibungslosen Ablauf. Einerseits standen die Netzverantwortlichen und Mitarbeiter des Innenministeriums (BMI) in regelmäßigem Kontakt mit der Vorhersage- und Beratungszentrale (VBZ) des DWD und erhielten dort von den Meteorologen Informationen zu den erwarteten Bewölkungsverhältnissen am Tag der Sonnenfinsternis. Andererseits wurden im Zuge des Projekts EWeLiNE (www.projekt-eweline.de), wo DWD, Fraunhofer-IWES (Institutsteil Windenergie und Energiesystemtechnik) sowie drei Übertragungsnetzbetreiber zusammen daran arbeiten, die Wetter- und Leistungsprognosen für Windkraft- und PV-Anlagen zu verbessern, in Vorbereitung auf die Sonnenfinsternis 2015 "Worst und Best Case" Szenarien simuliert. Ab drei Tage vor der Sonnenfinsternis wurden zusätzlich zu den operationellen Wetterprognosen spezielle Vorhersagen berechnet, welche die Sonnenfinsternis explizit berücksichtigten und so deren Auswirkung auf den Strahlungshaushalt unserer Atmosphäre abschätzen konnten. Eine aussagekräftige Abbildung zur vorhergesagten und der tatsächlichen Stromproduktion aus Sonnenenergie am Tag der Sonnenfinsternis ist unter www.dwd.de/tagesthema zu finden.
Mag.rer.nat. Michael Tiefgraber
Deutscher Wetterdienst