Unsere Atmosphäre ein Blick zurück

Im Thema des Tages vom gestrigen Sonntag wurde bereits kurz erwähnt, dass die Erdatmosphäre, so wie sie heute vorliegt, aus einem Gasgemisch besteht, das sich grob gesagt zu 80 % aus Stickstoff und 20 % aus Sauerstoff zusammensetzt (Wasserdampf, Argon und die Spurengase lassen wir jetzt mal außen vor). Das war allerdings nicht immer so. Vielmehr kann unsere Atmosphäre bisher auf ein sehr "bewegtes Leben" zurückblicken, in dem sie einige Veränderungen durchlaufen hat. Wagen wir mal einen Blick zurück und begleiten die Erdatmosphäre von ihrer "Geburt" bis zu ihrem jetzigen Zustand.

Als vor etwa 4,6 Milliarden Jahren die Erde entstand, dauerte es vergleichsweise nicht lange (nur wenige Millionen Jahre) bis sich um diesen neuen Planeten eine erste Gashülle legte - die sogenannte Uratmosphäre. Sie bestand wahrscheinlich zum größten Teil aus Wasserstoff (92 %) und zu einem geringen Teil aus Helium (7 %). Stickstoff kam nur zu 0,008 % und Sauerstoff zu 0,006 % vor. 100 Mio. Jahre später, also vor rund 4,5 Mrd. Jahren, wurde die erste Erdatmosphäre schon wieder (im wahrsten Sinne) weggeblasen. Zum einen erhitzte sich die Erdoberfläche durch die ständigen Materieeinschläge so stark, dass die relativ leichten Wasserstoff- und Heliummoleküle durch ihre erhöhte Bewegungsenergie ins Weltall entfliehen konnten (s. Thema des Tages von gestern, durch Klick auf [mehr] rechts unter "Thema des Tages"). Zum anderen nahm zusätzlich unsere Sonne ihre "Arbeit" auf, indem in ihrem Inneren die Kernfusion "gestartet" wurde. Dem dadurch entstandenen Sonnenwind (geladene Teilchen, die von der Sonne in alle Richtungen geschossen werden) hatte unsere Uratmosphäre nichts entgegenzusetzen. Sie wurde förmlich von der Erde weggerissen. Dieser Sonnenwind war damals vermutlich 1000-mal so stark wie heutzutage, weshalb er unserer jetzigen Atmosphäre kaum noch etwas anhaben kann.

Im weiteren Verlauf ließen die Materieeinschläge mehr und mehr nach, wodurch sich die Erde allmählich abkühlen konnte. Infolge des Ausgasens (Gasaustritt aus z.B. Gesteinen und Lava) konnte sich vor etwa 4 Mrd. Jahren eine neue Atmosphäre ausbilden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich dieses Gasgemisch hauptsächlich zu rund 80 % aus Wasserdampf, etwa 10 % aus Kohlendioxid und bis zu 7 % aus Schwefelwasserstoff zusammensetzte. Stickstoff machte dabei nur einen Anteil von 0,5 % aus, Sauerstoff kam überhaupt nicht vor.

Dadurch, dass sich die Erde immer weiter abkühlte, fing der Wasserdampf allmählich an zu kondensieren. Das geschah allerdings im ganz großen Stil, denn das Ergebnis war vor rund 2,3 Mrd. Jahren die Entstehung der Weltmeere. Diese waren in Verbindung mit den vorhandenen Gasen und der starken UV-Strahlung der Sonne der Startschuss für zahlreiche chemische Reaktionen. Einzig der Stickstoff blieb davon weitgehend verschont, sodass sich vor etwa 2 Mrd. Jahren eine neue, d.h. Atmosphäre Nr. 3 entwickeln konnte. Sie bestand zum Großteil aus Stickstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf. Damit kommen wir der jetzigen Atmosphärenbeschaffenheit schon ein großes Stück näher, aber wie kommt denn jetzt bitte der für uns so lebenswichtige Sauerstoff ins Spiel?

Dies geschah durch Fotosynthese, die durch sogenannte Cyanobakterien betrieben wurde. Sie produzierten dadurch Sauerstoff, was wiederum der Startschuss für die Ozonbildung war. Diese war ihrerseits wieder die Voraussetzung für die weitere Entwicklung von Leben auf der Erde, da sie einen Teil der einfallenden UV-Strahlung "unschädlich" machte. Auf diese Weise konnte sich der Sauerstoffgehalt auf der Erde innerhalb von 1 Mrd. Jahre verzehnfachen. Vor etwa 700 Mio. Jahren war die Ozonschicht dann stark genug, um so viel UV-Strahlung von der Erdoberfläche fernzuhalten, dass sich die Pflanzenwelt nicht nur im Meer, sondern auch auf dem Land ausbreiten konnte. In der Folge "florierte" förmlich die Sauerstoffproduktion, sodass schließlich vor gut 350 Mio. Jahren der heutige Sauerstoffgehalt erreicht wurde.

Puuh...nach langer Reise sind wir nun wieder in der Gegenwart angekommen. Da heißt es erst mal: durchatmen!

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie im Buch "Meteorologie" von Hans Häckel, aus dem auch einige der obigen Informationen stammen.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.03.2015
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