Die Kehrseite von Sonnenhoch LUISA

Das Wetter wird heute in weiten Bereichen Europas vor allem durch das mächtige Sonnenhoch LUISA geprägt, welches sich mit einem Kerndruck von weiterhin über 1050 hPa fest über dem äußersten Westen Russlands und Finnland eingenistet hat. Seine Entstehung und die entsprechenden Auswirkungen für diese Regionen wurden bereits im gestrigen Thema des Tages beschrieben. Jedoch reicht der Einfluss von LUISA noch deutlich weiter. Auch in Deutschland profitiert man von seinem Auswirkungen, denn es wird einerseits um dieses Hoch im Uhrzeigersinn trockene Festlandsluft herangeführt, andererseits erreicht uns aus dem zentralen Mittelmeer ein Schwall milder Luft. Somit werden heute und morgen bei reichlich Sonnenschein verbreitet frühlingshafte Wetterbedingungen mit Temperaturen von über 15 Grad, örtlich im Südwesten auch nahe 20 Grad erwartet.

Doch LUISA sorgt in Europa nicht nur für sonnige und milde Bedingungen, sondern muss auch für das teils "schlechte" Wetter in West- und Südeuropa verantwortlich gemacht werden. Um dies zu verstehen, ist ein Blick auf die 500hPa Geopotentialkarte von Nöten. Diese Karte wird verwendet, wenn die Prozesse der mittleren Troposphäre betrachtet werden sollen, die durch ihre Dynamik einen erheblichen Einfluss auf das Wetter in Bodennähe ausüben. Dabei liegt die 500 hPa Fläche der Definition nach auf etwa 5574 m über Meeresniveau. Da die Geopotentialfläche von der Temperatur der Atmosphäre abhängig ist, kann man in diesen Höhenbereichen sehr gut Tröge (Bereiche mit niedrigen Temperaturwerten) und Keile (entsprechend wärmere Temperaturen) verfolgen. Durch teils sehr komplexe physikalische Zusammenhänge können diese dann entsprechend in der tieferen Troposphäre für die wechselnden Wettereinflüsse sorgen, z.B. durch Steuerung der bodennahen Hoch- und Tiefdruckgebiete.

Wenn wir am heutigen Tag einen Blick auf diese Karte werfen, erkennt man LUISA als ein weiträumiges Gebiet mit hohem Geopotentialfeld, da hier die Luft hochreichend sehr mild ist. Zudem wurde im gestrigen Thema des Tages auch beschrieben, dass LUISA ein blockierendes Hochdruckgebiet darstellt, wodurch Tiefdruckgebiete vom Atlantik momentan nicht auf Europa übergreifen können. Doch wie so oft bei solch blockierenden Lagen sorgen kleinräumige Tiefdruckgebiete für den einen oder anderen Überraschungseffekt und davon gibt es heute vor allem im westlichen und südlichen Europa sehr viele. Ein aktuelles Bild der Geopotentialverteilung in Europa ist rechts unter "Thema des Tages" und [mehr] zu sehen.

Dabei handelt es sich um eine Mischung aus mehreren "Kaltlufttropfen" und um ein hochreichendes Tiefdruckgebiet. Ein Kaltlufttropfen ist ein Höhentief, das in der mittleren Troposphäre mit kalter Luft gefüllt ist und im Bodendruckfeld keine Bodentiefentwicklung aufweist oder dort nur ansatzweise zu erkennen ist. Solche Katlufttropfen sind am heutigen Tag über Großbritannien, dem westlichen Schwarzen Meer und dem westlichen Tyrrhenischen Meer zu finden. Dabei bringen diese für die jeweiligen Regionen unterschiedliche Wettererscheinungen mit sich. Während sich der Kaltlufttropfen über Großbritannien als eher wetterinaktiv erweist und nur rund um London kräftigere Schauer auslösen soll, sorgt jener über dem Tyrrhenischen Meer verbreitet für kräftige Schauer und Gewitter. Deren Energie wird aus der Temperaturdifferenz zwischen dem warmen Mittelmeer (Wassertemperaturen von 13-15 Grad) und der kalten Troposphärenluft (um minus 25 Grad in 500 hPa) gespeist. Solche Ereignisse haben in der Vergangenheit schon für teils heftige lokale Überschwemmungen gesorgt. Auch aktuell deuten mehrere Wettermodelle ein erhöhtes Unwetterpotenzial mit 24-std. Niederschlagsmengen von lokal 50 bis teils deutlich über 100 l/qm für einige Regionen Italiens an. Ein weiterer Kaltlufttropfen über dem westlichen Schwarzen Meer geht mit einem Schwall kalter Kontinentalluft einher, sodass von Rumänien bis in den Nordwesten der Türkei nachts mit frostigen Temperaturen und Schneeschauern zu rechnen ist.

All diese Tiefdruckwirbel sind hinsichtlich ihrer Verlagerung auch in der heutigen Zeit der hoch aufgelösten Modelle eher schwer vorherzusagen, sodass man vor Überraschungen hinsichtlich Stärke und Zugbahn nicht geschützt ist. Gesteuert werden sie vom Sonnenhoch LUISA, die also nicht nur für frühlingshafte Temperaturen und viel Sonnenschein verantwortlich gemacht werden kann, sondern besonders im Mittelmeerraum auch für das regional sehr wechselhafte Wetter.

Zuletzt sei noch erwähnt, dass sich über Portugal und Teilen Spaniens auch noch ein kräftiges Tiefdruckgebiet eingenistet hat, welches zwar ebenfalls kalte Temperaturen in der mittleren Troposphäre aufweist, jedoch auch über ein gut strukturiertes Bodentief verfügt. Dieser hochreichende Wirbel sorgt dafür, dass in den kommenden Tagen hochreichend warme Luft aus dem Norden Afrikas zum westlichen Mittelmeer geführt wird. Dadurch werden dort verbreitet Temperaturen von über 20 Grad erwartet. Entsprechend einer solchen blockierenden Wetterlage wird sich an dieser Verteilung auch wenig ändern, sodass die Sonnen- und Schattenseiten von Hoch LUISA auch die nächsten Tage über bestehen bleiben.

Dipl.-Met. Helge Tuschy

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.03.2015
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