Die Zeit der Kälte und des Schnees ist bereits weit fortgeschritten und sowohl die Natur als auch viele Menschen erwarten den nahenden Frühling, der in diesem Jahr vielerorts bereits seine Fühler nach Deutschland ausgestreckt hatte. Doch es ist noch "Mitte März" und man sollte seine Augen nach Skandinavien oder Westrussland richten, wo sich eisige Luftmassen auch weiterhin auf den Weg nach Süden aufmachen können. Daher wollen wir heute einen Blick in die nördlichen Gefilde werfen, wo sich (so viel sei schon einmal verraten) vorübergehend ein sehr ungewöhnliches Temperaturniveau einstellen wird.
Wie so oft fällt rückblickend auf, dass die Wetterentwicklung auf dem Nordatlantik betrachtet werden muss, um die aktuelle synoptische Lage im Nordwesten Russlands und Skandinaviens verstehen zu können. Im Verlauf des Freitags, dem 13. März, fand von Grönland und Kanada ausgehend ein mächtiger Kaltluftausbruch statt, der sich bis zum Folgetag weit auf den Nordatlantik nach Süden ausgeweitet hatte. Die kalte Luft drang sogar so weit südlich vor, dass vorderseitig subtropische Luftmassen animiert wurden, zügig in Richtung Schottland und Irland zu ziehen. Der Transport der feucht-milden Luft wurde durch rege Tiefdrucktätigkeit noch weiter verstärkt, die sich entlang des Übergangsbereichs zwischen der arktischen Kaltluft und der Subtropenluft ausbilden konnte. Am Samstag, den 14. März, wurde Island von dieser Warmluft erfasst, die Grönlandsee und Spitzbergen im Verlauf des gestrigen Sonntags. Dabei kam es zu einer positiven Temperaturabweichung im Vergleich zum Mittel von 1979-2000 um teils mehr als 10 Grad, wobei sich diese Werte auf die freie (untere) Troposphäre beziehen. Direkt an der Erdoberfläche über Land konnten sich teils zähe Inversionen mit entsprechend niedrigeren bodennahen Temperaturen halten. Teils griff die Warmluft bis zum Boden durch, wie zum Beispiel im Norden und Nordosten Islands (Skjaldthingsstadhir mit 12.6 Grad Celsius am 14. März), wo um diese Jahreszeit normalerweise Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt zu erwarten wären.
Solch ein Transport von warmer Luft ist besonders dann von Interesse, wenn diese hochreichend erfolgt. Momentan strömt also nicht nur warme Luft in der unteren Troposphäre (1-2 km über Grund) nach Norden, sondern hochreichend bis in 5 km Höhe. Das wiederum bedeutet, dass sich das über Skandinavien befindliche Hochdruckgebiet weiter verstärkt, denn warme Luft hat die Eigenschaft, dass sie sich stärker ausdehnt und somit die Druckflächen anhebt. Daraus resultiert häufig, wie auch in diesem Fall, ein sogenanntes blockierendes Hochdruckgebiet, welches sehr kräftig und nahezu stationär ist. Solch ein Hochdruckgebiet kann das Wetter in den betreffenden Regionen über Tage hinweg beeinflussen.
Durch die Warmluftzufuhr verstärkt sich das Hochdruckgebiet über Skandinavien auf über 1050 hPa (der Normaldruck auf Meeresniveau beträgt 1013 hPa) und verlagert seinen Schwerpunkt allmählich nach Osten, um heute dann den äußersten Westen Russlands zu erreichen. Die in den obigen Abschnitten beschriebene Warmluft wird nun im Zuge dieser Ostverlagerung über die Barentssee in den Nordwesten und Westen Russlands geführt, wo die positiven Temperaturabweichungen vom langjährigen Mittel besonders rund um das Uralgebirge bei 15 bis teils 20 Grad liegen werden. Während die Temperaturen in 1.5 km über Grund (entspricht ungefähr einem Druckniveau von 850 hPa) in dieser Region Mitte März im Jahre 2012 bei -15 Grad, im Jahr 2013 bei bis zu -20 Grad und im Jahr 2014 bei unter -10 Grad lagen, erwarten wir heute westlich des Uralgebirges Temperaturen von 0 bis etwa +5 Grad! Zusammen mit einem starken Druckgradienten und einem böigen West- bis Nordwestwind sollten bei einer Durchmischung der unteren Luftschichten Temperaturen bodennah von deutlich über 5 Grad erreicht werden.
Diese Entwicklung sorgt natürlich auch bei uns in Deutschland dafür, dass die kommenden Tage über aus dieser Region keine eisige Kaltluft nach Deutschland fließen kann. Eher sorgen die Ausläufer dieser Warmluftzufuhr für einige milde Tage in Deutschland mit Temperaturen von über 15 Grad. Die Wettermodelle sind sich allerdings recht einig, dass in etwa einer Woche in diesen nördlichen Bereichen wieder normale und somit eisige Werte zurückkehren sollen, wobei dann auch für Deutschland die Wahrscheinlichkeit steigt, dass im letzten Märzdrittel wohl erneut ein Kälterückfall bevorstehen könnte. Wie dauerhaft und kräftig dieser ausfällt lässt sich aus heutiger Sicht jedoch noch nicht sagen. Nur eines kann schon verraten werden: auch bei dieser Wetterentwicklung wird das Wetter über dem Nordatlantik ebenfalls einen nicht unbedeutenden Einfluss ausüben.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst