Bereits um den 4. März entstand in der horizontal stark mäandrierenden Frontalzone über dem Nordatlantik, an der Ostflanke des Azorenhochs, ein sogenannter Höhentrog, als eine ursprünglich polare, später transformierte Kaltluftmasse südwärts voran kam. Unter einem Höhentrog versteht man eine zum Äquator gerichtete, im Fachjargon als "zyklonal" bezeichnete Ausformung der Höhenströmung, die in den mittleren Breiten generell in West-Ost-Richtung orientiert ist. In der dort vorhandenen, hoch reichenden Kaltluft nimmt der Luftdruck in der Vertikalen schneller ab als in warmer Luft, so dass ein Höhentrog immer mit tiefem Luftdruck bzw. niedrigem Geopotential in der mittleren und höheren Atmosphäre verbunden ist.
Die Wechselwirkung mit den tieferen Atmosphärenschichten besteht nun darin, dass Luft nach oben angesaugt bzw. von unten "gehoben" wird. Folglich fällt aus Kontinuitätsgründen der Luftdruck am Boden und es bildet sich auch dort ein Tiefdruckgebiet.
Die Achse des Höhentroges - eine gedachte Linie entlang des Bereiches des niedrigsten Geopotentials - war anfangs von Südwest nach Nordost gerichtet. Jedoch verlor das "Wellental" rasch den Kontakt zur Hauptströmung und schnürte sich an der Südflanke des Azorenhochs ab (sog. Cut-Off-Prozess). Das auf diese Art und Weise entstandene "Höhentief", driftete nun mit der Höhenströmung zunächst in westlicher bis südwestlicher Richtung, um dann auf Südkurs zu gehen.
Im Satellitenbild war im Bereich des Tiefs zunächst nur eine kompakte Wolkendecke zu sehen, erst als der zyklonale Wirbel gestern Nacht mit seinem Zentrum die nordwestafrikanische Küste im Grenzgebiet zwischen dem Territorium Westsahara und Mauretanien erreichte, zeigte sich die typische, auf der Nordhalbkugel entgegen den Uhrzeigersinn rotierende Wolkenspirale.
Am Dienstag, den 10.03.2015, führten die hoch reichenden Quellwolken in der Region örtlich zu ergiebigen Schauern und Gewittern. Beispielsweise wurden in Dakhla an der Atlantikküste der Westsahara (23°43'N, 15°57'W, 8 m Höhe) innerhalb von vierundzwanzig Stunden bis gestern 06:00 UTC 18 l/m² (= mm) Regen gemessen. Das mag auf den ersten Blick wenig spektakulär erscheinen, aber der Leser möge bedenken, dass in der Region trotz der Meeresnähe Wüstenklima herrscht, der Monat März eigentlich zur Trockenzeit zählt und der mittlere Jahresniederschlag in Dakhla nur 39 mm beträgt. Somit fiel gestern knapp die Hälfte des statistischen Jahressolls!
Eine Karte der Region mit einer Modellprognose des Bodenluftruckes [hPa], signifikanten Wetterbeobachtungen und Windpfeilen [kn] vom 10.03.2015, 09:00 UTC, unterlegt mit einem infraroten Satellitenbild (Kanal bei 10,8 µm im "atmosphärischen Fenster") finden Sie rechts in der Rubrik "Thema des Tages" unter [mehr]. Die zyklonale Wolkenspirale ist deutlich ausgeprägt, im Bodendruckfeld ist das Tief dagegen nur schwach ausgeprägt.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst