Viele Menschen freuen sich nach der dunklen Jahreszeit auf den - meteorologisch gesehen bereits angebrochenen - Frühling, auch wenn der Winter sich in den letzten Monaten in tieferen Lagen nur vorübergehend als solcher gezeigt hatte. Doch für manch einen ist der Frühling nur mit Einschränkungen zu genießen. Schätzungsweise gut 15 % der deutschen Bevölkerung sind Pollenallergiker und ihre Zahl steigt immer weiter. Vereinfacht gesagt erkennt das Immunsystem dabei die eigentlich harmlosen Pollen als Angreifer und schüttet in der Folge Botenstoffe aus, die dann für Symptome wie Fließschnupfen, Bindehautentzündung bis hin zum Asthma sorgen.
Dabei kann die Intensität der allergischen Reaktion individuell sehr unterschiedlich sein. Jedoch lässt sich allgemein ein enger Zusammenhang zwischen der Stärke der Symptome und der Pollenkonzentration in der Luft ausmachen. Letztere wiederum hängt einerseits vom Fortschritt der Pflanzenentwicklung (der phänologischen Entwicklung) und andererseits von der herrschenden Witterung ab. Zum Beispiel ist bei längerer Trockenheit die Pollenkonzentration höher, während die Pollen bei Regen aus der Luft ausgewaschen werden.
Für eine gezielte und vorausschauende Eigenprophylaxe der Allergiker ist es daher sinnvoll, der Öffentlichkeit täglich aktualisierte Informationen über die erwartete Pollenbelastung zur Verfügung zu stellen. Der Deutsche Wetterdienst erstellt deshalb in Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) während der Pollensaison (etwa Mitte Januar bis Ende Oktober) auf der Webseite www.dwd.de/pollenflug abrufbare Vorhersagen zum sogenannten Pollenflug-Gefahrenindex. Er wird für 27 Gebiete und für die acht allergologisch bedeutendsten Blütenpollen angefertigt: Hasel, Erle, Esche, Birke, Gräser, Roggen, Beifuß und Ambrosia. Etwa 95 % der Pollenallergiker in Deutschland reagieren derzeit auf diese Pollenarten. Daneben kann auf www.dwd.de/newsletter auch ein kostenfreier Newsletter zum Pollenflug-Gefahrenindex abonniert werden. Der Pollenflug-Gefahrenindex ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der in der Luft erwarteten Pollenkonzentration (Tagesmittel der Anzahl Pollen pro m³ Luft) und der Stärke der Symptome bei den Allergikern. So kann dieser sein Verhalten anpassen und ggf. Beschwerden gezielt medikamentös lindern.
Grundlagen der Vorhersagen zum Pollenflug-Gefahrenindex sind die regionalen kurz- und mittelfristigen Wettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstes sowie die vom PID gemessenen und ausgewerteten Pollenkonzentrationen. Letztere werden dem Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung des DWD in Freiburg (Breisgau) auf vertraglicher Basis überlassen. Zudem spielen auch die von der Abteilung Agrarmeteorologie erstellten phänologischen Vorhersagen und die beobachtete Blühentwicklung eine weitere wichtige Rolle bei der Einschätzung des aktuellen Pollenflugs.
Pollen werden auch heutzutage immer noch durch manuelle Probennahme (mit Hilfe der sogenannten Burkard-Pollenfalle) und anschließende Auswertung unter dem Mikroskop bestimmt. Dieses Verfahren ist jedoch zeit- und personalaufwendig. Die Ergebnisse stehen somit nur mit einer Zeitverzögerung von etwa einem Tag zur Verfügung. Für eine Pollenwarnung im Sinne einer präzisen Pollenflugvorhersage ist aber eine zeitnahe Kenntnis der Pollenkonzentration wünschenswert. Daher wird an einem Gerät gearbeitet, das ein schnelles, automatisches Monitoring von Bioaerosolen und deren Identifizierung quasi in Echtzeit ermöglichen soll. Ein Seriengerät für den Routineeinsatz ist aber derzeit noch nicht in Sicht.
Trotz Pollenflug-Gefahrenindex ist es unmöglich, den Kontakt mit Pollen vollständig zu vermeiden. Jedoch lässt sich mit bestimmten Verhaltensmaßnahmen das Ausmaß der "Kontamination" ein wenig mindern. So kann man beispielsweise die Anzahl der Pollen in den Augen durch das Tragen von recht gut abschließenden (Sonnen-) Brillen mindern. Auch sollte man vor dem Zubettgehen die Haare waschen, damit möglichst wenig Pollen ins Bett verschleppt werden. Trocknet man Wäsche während der Pollensaison nur im Haus, vermeidet man Pollen in Anziehsachen und auf der Bettwäsche. Da am frühen Morgen und am späten Abend die Pollenkonzentration am niedrigsten ist, sollte man zu diesen Zeiten lüften.
Aktuell ist Hochsaison bei der Blüte von Hasel und Erle. Aufgrund der meteorologischen Gegebenheiten der letzten Tage (zwar recht mild, aber verbreitet Niederschläge) hält sich die Pollenbelastung jedoch noch in Grenzen. So wird für den heutigen Mittwoch für die Hasel meist von einer geringen bis mittleren Belastungsintensität ausgegangen (Stand 07:50 Uhr). Für einige Regionen wird sogar keine bis eine lediglich geringe Intensität erwartet. Etwas größer hingegen ist die Belastung durch Erlenpollen. Die abgespeicherten Grafiken mit den Vorhersagen können Sie sich unter www.dwd.de/tagesthema oder immer aktuell unter www.dwd.de/pollenflug anschauen. In den nächsten Tagen nimmt die Niederschlagsneigung überwiegend ab und das Temperaturniveau steigt etwas an, was die Blüte potenziell allergieauslösender Pflanzen fördert. Dadurch wird sich die Pollenkonzentration in der Luft wohl noch etwas erhöhen. Bleibt für alle Allergiker zu hoffen, dass es für sie nicht allzu schlimm wird.
M.Sc. Met. Stefan Bach
Deutscher Wetterdienst