Wettervorhersage vs. Jahreszeitenvorhersage

Heute ist der 1. März - meteorologischer Frühlingsanfang. Wie wird denn nun das Wetter im Frühling? Eher wonnig warm mit ersten Sommergrüßen oder doch garstig kalt mit verspäteten Wintereinbrüchen? Im gestrigen Thema des Tages wurde bereits über den eher wechselhaften und wenig angenehmen Start in das Frühjahr berichtet. Damit dürften sich - nicht nur wegen der für viele eher unerfreulichen Vorhersage - die wenigsten zufriedengeben. Eine langfristige Prognose des Wetterablaufes ist durchaus erwünscht. Inwiefern wir Meteorologen diesem Wunsch nachkommen können, erfahren Sie im heutigen Tagesthema.

Die Wettervorhersage: Eine Momentaufnahme sich ständig verändernder atmosphärischer Bedingungen

Die Wettervorhersagen, so, wie man sie aus dem Internet, dem Fernsehen, der Zeitung oder auch direkt aus erster Hand vom Deutschen Wetterdienst kennt, basieren in der Regel auf Berechnungen von Computermodellen. Diese aus komplizierten mathematisch-physikalischen Gleichungen bestehenden Wettermodelle prognostizieren atmosphärische Bedingungen, also auch Luftdruck, Niederschlag, Temperatur und vieles mehr. Die Gleichungen beschreiben ein komplexes System physikalischer Prozesse, das sich durch eine meist hohe und sehr kurzfristige Variabilität auszeichnet, sich also ständig verändert. Eine Folge der chaotischen Natur der Atmosphäre, die letztendlich auch den Wettermodellen ihre Grenzen aufzeigt. So ist eine seriöse Vorhersage des Wetterzustandes "nur" über 3 bis 5 Tage möglich. Trendaussagen lassen sich, je nach Wetterlage, auch über einen etwas längeren Zeitraum anstellen, selten aber über 10 Tage hinaus.

Eine Prognose des genauen Wetterablaufs mehrerer Monate, beispielsweise durch die Angabe des täglichen Temperaturverlaufes oder des Eintretens von Niederschlagsereignissen, ist schlichtweg unmöglich. War es das jetzt schon mit einer Frühlingsprognse? Nicht ganz ...

Die Jahreszeitenvorhersage: Statistische Zusammenfassung des Wetterablaufs einer Jahreszeit

Denn fernab der "handelsüblichen" Wettervorhersagen besteht die Möglichkeit einer Jahreszeitenvorhersage. Diese beruht auf Klimamodellen, die, genau wie Wettermodelle, auch aus einer Vielzahl an Gleichungen bestehen. Allerdings rücken hier vornehmlich Komponenten physikalischer Prozesse in den Vordergrund, die eine längerfristige Variabilität aufweisen, sich also viel langsamer verändern. Dazu zählen insbesondere auf globaler Ebene stattfindende und sich auf Ozeane und die Atmosphäre auswirkende Phänomene wie die "El Nino Southern Oscillation" (siehe z. B. DWD-Wetterlexikon auf www.dwd.de/lexikon). Durch Analyse und Vorhersage dieser Phänomene (die Rechenzeit beträgt teilweise mehr als zwei Wochen) lassen sich Aussagen über die im Mittel im Vorhersagezeitraum vorherrschenden atmosphärischen Bedingungen ableiten. Es handelt sich also nicht um eine Angabe des genauen Wetterablaufs, sondern eher um eine statistische Zusammenfassung dessen.

So bietet zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst auf Basis des saisonalen Vorhersagemodells des EZMW (Europäisches Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersage) eine Jahreszeitenprognose des Temperaturmittels an. Dabei werden Wahrscheinlichkeiten dafür berechnet, ob das Temperaturmittel im Vergleich zu einem vieljährigen Mittel zu warm, normal oder zu kalt ausfällt. Die aktuelle Prognose favorisiert ein zu warmes Frühjahr (45%), während ein normales (30%) bzw. ein zu kaltes (25%) als unwahrscheinlicher gesehen wird (siehe Grafik auf www.dwd.de/tagesthema). Wird dieses Ergebnis durch nachfolgende Modelldurchläufe bestätigt, kann dies ein erster "Fingerzeig" sein.

Davon abgesehen, dass auch die Vorhersage eines Klimamodells mit einer gewissen und nicht außer Acht zu lassenden Unsicherheit behaftet ist, heißt ein "zu warmes" Frühjahr nicht, dass durchweg angenehm mildes Wetter zu erwarten ist. Eine Jahreszeitenvorhersage ist eben keine Wettervorhersage. Der genaue "Fahrplan" des Wettergeschehens steht noch sprichwörtlich in den Sternen.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.03.2015
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst