Bereits seit dem vergangenen Wochenende treten sie so gut wie jeden Tag auf - die Rede ist von Gewittern. Beispielsweise zogen am Montagabend (23.02.2015) einzelne Gewitter von Westen her nach Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland Pfalz und Baden-Württemberg. Sie gingen dabei lokal mit Graupel und Böen um 50 km/h (Bft 7) einher.
Manch einer mag sich nun allerdings fragen: "Ich dachte, Gewitter treten nur im Sommer auf?" oder "Wie kann das sein...am Boden fehlen doch die warmen Luftmassen?" Daher widmen wir uns im heutigen Thema des Tages der Entstehung von Gewittern im Winter.
Grundvoraussetzung für die Entstehung von Wintergewittern ist ein starker vertikaler Temperaturunterschied. Dabei muss, wie für jede Gewitterbildung, die Atmosphäre labil geschichtet sein. Stellen Sie sich also ein Luftpaket vor, welches wärmer als seine Umgebung ist. Da wärmere Luft leichter ist als kältere, kann das Luftpaket durch diesen Temperaturunterschied bis in große Höhen aufsteigen und Schauerwolken bilden. In unseren Breiten reicht im Winter die thermische Erwärmung des Bodens durch die Sonne bei weitem nicht aus, so muss gerade dann in großen Höhen der Troposphäre eine sehr kalte Luftschicht vorhanden sein. Als weitere Zutat muss zudem noch ausreichend Feuchtigkeit verfügbar sein.
Das wäre also die Theorie, aber was bedeutet das in Zahlen? Als Faustregel kann man einen Temperaturunterschied von rund 30 Grad zwischen 1500 m (850 hPa) und 5500 m (500 hPa) annehmen (die Höhenangaben sind ungefähre Werte). Wenn für den Boden wintertypische Temperaturen um den Gefrierpunkt angenommen werden, die bei uns momentan verbreitet zumindest in der Nacht noch auftreten, so sollte in einer Höhe von 4 bis 8 km eine ausreichend dicke Luftschicht vorhanden sein, die ca. minus 35 Grad aufweist. Ist die Luft auch noch ausreichend feucht, so herrschen in der Atmosphäre gute Bedingungen für die Entstehung eines Wintergewitters.
Im Winter ist die Nordsee verglichen zum Festland relativ warm und feucht. Dort kann der starke Temperaturunterschied "leichter" erreicht werden, sodass diese Wintergewitter häufig über der Nordsee und in Küstennähe auftreten.
Wintergewitter entstehen somit nicht so einfach wie im Sommer und sind seltener. Auch die Blitzentladungen sowie die Lebensdauer fallen meist wesentlich geringer aus als bei kräftigen Sommergewittern. Dafür treten im Winter zusätzliche Phänomene auf. So werden Wintergewitter nicht nur von kräftigen Regen- oder Graupel-, sondern auch von Schneeschauern begleitet. Je nach Stärke des Gewitters und je nachdem wie kalt die Luft ist, ist auch ein kräftiges Schneetreiben möglich. Außerdem kann es innerhalb kurzer Zeit zu einem deutlichen Temperaturrückgang kommen.
Betrachtet man sich das heutige Wettergeschehen, so lässt sich auch heute Mittag und am Nachmittag vor allem im Norden Deutschlands noch ein Potential für Wintergewitterentstehung finden. Dort kann es dann einzelne Gewitter mit Graupel und Windböen geben. Allerdings ist dafür heute auch vorerst der letzte Tag. Denn die höhenkalte Luft wird nach und nach ostwärts verdrängt, sodass selbst über der Nord- und Ostsee keine Gewitter mehr auftreten werden.
M.Sc.-Met. Anna Wieczorek
Deutscher Wetterdienst