Nach den sehr frühen und extremen Schneefällen Ende November, einem kalten Dezember und wieder starken Schneefällen Ende Januar, hat der Nordosten von Nordamerika erneut mit einer kräftigen Kältewelle zu kämpfen. In Ostkanada wurden Mitte der Woche Temperaturen von bis zu -44 Grad gemessen. Zwar wurden dort schon tiefere Temperaturen gemessen, aber an einigen Stationen haben sich dennoch Tagesrekorde eingestellt. Besonders betroffen ist auch die Region um die Großen Seen und die Ostküste. In einigen Regionen ist der Februar dort auf gutem Wege, der kälteste seit den Wetteraufzeichnungen zu werden. Die extreme Kälte sorgte dafür, dass die Niagarafälle teilweise gefroren sind und es selbst in Florida zu mäßigen Nachtfrösten kam.
Aber nicht nur der Frost ist ein Problem. An der Grenze zur wärmeren Luft haben sich kräftige Schneestürme gebildet, die im Nordosten der USA und in Ostkanada ungewöhnlich viel Schnee brachten. Besonders viel Schnee hat der nördliche Teil der Ostküste abbekommen. Dort türmen sich die Schneemassen oft meterhoch. So zum Beispiel in der kanadischen Küstenstatt Carthwright, wo gestern eine Schneehöhe von 2,44 m gemessen wurde.
Ursache für die kräftigen Kältewellen ist eine ungewöhnliche Jetstream-Konfiguration. Der Jetstream ist ein Starkwindband in der oberen Troposphäre, das kalte Arktikluft im Norden von warmer Subtropikluft im Süden trennt. Normalerweise läuft er in mehr oder weniger starken Mäandern in den mittleren Breiten von West nach Ost. Derzeit biegt aber der Jetstream über dem Westen Kanadas ungewöhnlich weit nach Norden ab, sodass warme Luftmassen bis zum Pol transportiert werden. Im Westen von Nordamerika ist es somit für die Jahreszeit deutlich zu warm. Über der Mitte von Nordamerika geht dann der Jetstream wieder steil nach Süden, wobei die arktische Kaltluft über den Osten von Nordamerika ebenfalls weit nach Süden transportiert werden. Der Kaltluftpol konzentriert sich also nicht mehr auf die Arktis sondern auf den Osten Kanadas.
Diese Wetterlage sorgte auch Anfang Januar 2014 für Rekordkälte im Nordosten von Nordamerika. Sie bestimmte dort im Winter 2013/2014 und in diesem Winter die wesentliche Strömungskonfiguration. Dies blieb nicht ohne Folgen für Europa. Meist floss die kalte Luft auch über den Westatlantik aus, wodurch sich über Neufundland kräftige Tiefdruckgebilde bildeten. Diese zogen dann ostwärts Richtung Europa und brachten auf ihrer Vorderseite warme Meeresluft mit sich. So war das Muster der letzten beiden Winter von Kälte in Nordostamerika und im Gegenzug von Wärme in Europa geprägt. Ob sich dieses Muster auch in den kommenden Wintern fortsetzt oder ob sich wieder eine andere Strömungskonfiguration einstellt, lässt sich allerdings nicht vorhersagen.
Wie geht es mit der Kältewelle jetzt weiter? Von Westen zieht am Wochenende ein Wintersturm heran. Dabei schiebt sich warme und sehr feuchte Luft über die bodennahe Kaltluft. Die Folge sind kräftige Schneefälle und heftiger Eisregen in Teilen der Staaten Arkansas, Tennessee, Alabama und Georgia. Bis Mitte nächster Woche bleibt die Kältewelle jedoch noch erhalten. Dann beginnt sich die Wetterlage allmählich um zu stellen. Die kalte Luft verlagert sich westwärts und schwächt sich dabei ab. An der Ostküste setzt dann allmählich Warmluftzufuhr ein, wobei voraussichtlich erst in der 1. Märzwoche wieder mit für die Jahreszeit normalen Temperaturen gerechnet werden kann.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst