In den letzten Tagen, ja eigentlich in den letzten Wochen, wurde das Wetter bei uns in Deutschland oft mit Worten wie "ruhig" oder "zu Nebel neigend" beschrieben. Gerne gewählt wurden auch Formulierungen wie "schwache Luftdruckgegensätze" und natürlich "Hochdruckeinfluss". Jetzt wird es bei uns in Mitteleuropa aber ein bisschen lebhafter, mit Niederschlägen und auflebendem Wind. In gewisser Weise begeben wir uns sogar auf eine Achterbahnfahrt, zumindest, wenn man einen Blick auf die Temperaturen in etwa 1,5 km Höhe richtet.
Eine entsprechende Abbildung finden Sie in der rechten Spalte der Startseite unter "Thema des Tages" -> [mehr]. Sie zeigt für Offenbach die prognostizierte Entwicklung der Temperatur in etwa 1,5 km Höhe, genauer gesagt, da Meteorologen gerne mit Druckangaben arbeiten, in 850 Hektopascal (hPa). Zum Wochenende geht es mit der entsprechenden Temperatur rasant abwärts, am Montag dann wieder mit Schwung nach oben. Zumindest kurzfristig, denn schon am Dienstag folgt der nächste, dann wohl länger anhaltende "Absturz" - ein Auf und Ab wie auf einer Achterbahn, zumindest wie auf einer kleinen.
Die Grafik ist das Ergebnis von insgesamt 51 Modellläufen des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage. Das Modell der Kollegen wird dazu 50 Mal mit einer groben Auflösung und einmal mit einer hohen Auflösung gerechnet, wobei sich die Modellläufe alle in ihren Anfangsbedingungen unterscheiden. Alle? Nein! Es gibt ein "Zwillingspärchen", denn dem Modelllauf mit hoher Auflösung entspricht von den Anfangsbedingungen her genau ein Modelllauf mit grober Auflösung.
Die beiden "Zwillinge" werden in der Grafik übrigens mit kräftigem Rot dargestellt, durchgezogen für den hoch aufgelösten Modelllauf, unterbrochen für den Modelllauf mit gröberer Auflösung. Der große Rest ist in dünnen punktierten Linien wiedergegeben. Die teils amöbenförmige, teils an grüne Ostereier (zu Beginn der Fastenzeit vielleicht ein Hoffnungsschimmer) erinnernde Hintergrundfarbe sagt etwas über die Wahrscheinlichkeit der zu erwartenden Temperatur aus. Dabei gilt: Je dunkler die Farbe, desto wahrscheinlicher wird sich die Temperatur in diesem Bereich bewegen.
Man kann übrigens auch erkennen, dass einige Modellläufe gerne weiter Achterbahn fahren möchten. Innerhalb der blauen Ellipse steigt am Mittwoch die Temperatur bei einem Modelllauf wieder stark an. Eine Einzellösung, wie wir Meteorologen sagen? Ja und Nein. Ja, weil am Mittwoch sonst kein anderes Modell eine ähnlich deutliche Erwärmung bringt. Nein, weil am Donnerstag und Freitag durchaus einige weitere Modellläufe eine kräftige Erwärmung simulieren. Insgesamt wird die Streuung der Modellläufe in der zweiten Wochenhälfte größer - und damit die Unsicherheit der Vorhersagen.
Da bleibt nur noch eine Frage: Warum interessiert uns die Temperatur in genau dieser Höhe? Nun, in dieser Höhe kann man die von der Erdoberfläche erzeugten kurzfristigen Einflüsse auf die Atmosphäre, wie beispielsweise die Reibung oder die turbulente Durchmischung, weitgehend vernachlässigen (natürlich gilt das nicht für die Gebirge). Mithin ist eine Temperaturänderung in dieser Höhe das Ergebnis der großräumigen Strömungsmuster. Und die sind nicht nur ein sehr wichtiger Aspekt der zukünftigen Wetterentwicklung. Sie haben auch eine sehr charmante Eigenschaft: Sie sind relativ leicht vorherzusagen!
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst