Shades of grey

Nein, liebe Leser, an dieser Stelle erfolgt keine Rezension zu einer bekannten Buchreihe oder zu einem kürzlich angelaufenen Kinofilm. Vielmehr ist mit diesem Titel die Färbung des Himmels gemeint, der derzeit in einigen Teilen Deutschlands mal mehr, mal weniger in Grauschattierungen erscheint.

Das liegt daran, dass wir es in Deutschland aktuell mit einer für den Herbst und Winter typischen Wetterlage unter Einfluss hohen Luftdrucks zu tun haben. Dabei hat sich in großen Teilen Deutschlands unter einer Inversion (siehe auch Thema des Tages vom 11.02.2015 unter www.dwd.de/tagesthema) eine dichte Nebel- oder Hochnebeldecke ausgebildet. Diese kann sich oft den ganzen Tag über zäh halten. Doch warum löst sich der Nebel manchmal nur zögerlich auf?

Eine Nebelschicht lässt nur einen sehr geringen Teil der von der Sonne kommenden Sonnenstrahlung zum Erdboden durch. Aufgrund der hohen Albedo (Rückstrahlvermögen) der Nebeldecke wird der Großteil der Sonnenstrahlung zurück ins All geworfen. Daher erscheint die Nebeldecke vom Erdboden aus gesehen eben in Grautönen (womit wir wieder beim Titel wären), vom Flugzeug aus hingegen weiß.

Jener geringe Anteil an Sonnenstrahlung, der die Vielzahl von Wassertröpfchen des Nebels durchdringt, erreicht die Erdoberfläche, die einen Großteil davon aufnimmt. Letztendlich gibt der Erdboden wieder Energie an die darüber befindliche Luftschicht ab. Genau dieser kleine Rest an Energie steht für die Erwärmung der Luft zur Verfügung und kann für die Auflösung des Nebels sorgen. Denn die Luft kann ab einer bestimmten Temperatur wieder genug Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen, ohne dass es zur Kondensation kommt. Die Nebeltröpfchen verdunsten dann und der Nebel löst sich allmählich auf.

Aufgrund der Tatsache, dass Sonnenstrahlung an der Oberseite der Nebeldecke abgeschirmt wird, neigt der Nebel dazu, sich selbst zu erhalten. Zum Teil wird zwar ein Teil der Sonnenstrahlung in der Nebeldecke auch absorbiert und überführt einige Nebeltröpfchen vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatszustand. Grundsätzlich gilt jedoch, dass es umso schwieriger ist, den Nebel aufzulösen, je mächtiger die Nebelschicht ist. Das liegt daran, dass mit zunehmender Mächtigkeit immer weniger solare Strahlung zum Boden gelangt und auch mehr Energie notwendig ist, um die entsprechend zunehmende Anzahl von Nebeltröpfchen zu verdunsten. Diese spezifische Energie, die aufgewendet werden muss, um den Übergang der Wassermoleküle aus dem Wasserverband in die Atmosphäre zu ermöglichen, wird Verdunstungswärme genannt und beträgt bei einer Temperatur von 2 °C 2493 Joule pro Gramm. Dass das vergleichsweise viel ist, zeigt das folgenden Gedankenexperiment: Mit der zur Verdunstung von einem Gramm Wasser notwendigen Energie könnte man ebenso gut knapp 600 Gramm Wasser um ein Grad erwärmen. Allein daran wird deutlich, warum sich ausgedehnte Nebel- und Hochnebelfelder im Herbst und Winter manchmal über Tage hinweg nicht auflösen. Nicht zuletzt steht in diesen Jahreszeiten die Sonne flach am Himmel und die pro Fläche ankommende Sonnenenergie ist entsprechend geringer.

So erwärmt sich die bodennahe Luftschicht bei Nebel und Hochnebel im Tagesverlauf kaum. Die Höchsttemperaturen bleiben gegenüber nebelfreien Gebieten deutlich zurück. Ein weiterer Effekt ist jedoch auch, dass es nachts infolge der Gegenstrahlung durch die Nebeldecke kaum auskühlt (Reflexion der langwelligen Wärmestrahlung des Bodens an der Unterseite des Nebels). Der Tagesgang der Temperatur ist also entsprechend gering ausgeprägt oder fast nicht vorhanden.

Hier im Rhein-Main-Gebiet zeigte sich der vergangene Sonntag sehr sonnig, während der gestrige Montag wieder durch eine zähe Hochnebeldecke gekennzeichnet war. Das äußerte sich auch am stundenweisen Temperaturverlauf, der hier einmal exemplarisch für die Wetterstation Offenbach-Wetterpark aufgezeigt ist (siehe Grafik unter www.dwd.de/tagesthema). Man kann erkennen, dass sich die Luft am Sonntagvormittag nach frostiger und wolkenfreier Nacht kräftig und schnell erwärmen konnte. Nach Überschreiten des Maximums am Nachmittag kühlte sich die Luft rasch wieder ab und erreichte zu Beginn der Nacht zum Montag wieder Werte im Frostbereich. Im Laufe der ersten Nachthälfte zog jedoch von Südosten her hochnebelartige Bewölkung herein. In der Folge erhöhte sich die Gegenstrahlung und die Temperatur stieg wieder leicht in den frostfreien Bereich an. Dort verharrte sie auf recht konstant niedrigem Niveau bis in den Vormittag hinein, bevor sie bis zum Nachmittag aufgrund der den Boden erreichenden Strahlung leicht anstieg und um 14 Uhr 3,5 °C erreichte. Der Temperaturrückgang zur Nacht hin vollzog sich deutlich langsamer und abgeschwächter als 24 Stunden zuvor, außerdem blieb es frostfrei.

M.Sc. Met. Stefan Bach

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.02.2015
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